: Der Wahlkampfhit aus Wiesbaden
Die Hessen-CDU muss sich an ihrem Wahlversprechen der „Unterrichtsgarantie“ messen lassen. Eingelöst ist es noch lange nicht
FRANKFURT taz ■ Neben der Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft war die „Unterrichtsgarantie“ der Wahlkampfhit der hessischen Union 1999: Keine Schulstunde sollte mehr ausfallen unter der Ägide von Ministerpräsident Roland Koch und seiner Kultusministerin Karin Wolff – man verbuchte immerhin 100.000 ausgefallene Unterrichtsstunden pro Woche. Die dafür notwendigen zusätzlichen Lehrer wollte die CDU rasch einstellen; sogar von einer ständigen Vertretungsreserve an großen Schulen war die Rede.
Im derzeitigen Landtagswahlkampf plakatiert die CDU denn auch stolz: „Unterrichtsgarantie erfüllt“. Die versprochenen Lehrer seien verpflichtet worden. Die Stadtratsfraktionen der Union überall in Hessen werden nicht müde, dem Ministerpräsidenten und der Ministerin für den „Kraftakt“ zu danken, mit dem es geschafft worden sei, den „Schuldenberg an Fehlstunden abzutragen“. Also: versprochen – gehalten?
Wohl nicht so ganz, wie auch die schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Frankfurter Römer, Daniela Birkenfeld, zu Beginn dieses Schuljahres einräumen musste. Engpässe gebe es noch dort, wo zwar Lehrerstellen vorhanden seien, sich aber bisher kein geeignetes Personal dafür habe finden lassen. Das Problem könne aber durch eingehende Studienberatung und durch Abwerbung von Lehrern aus anderen Bundesländern gelöst werden.
In Hessen herrscht nach wie vor Lehrermangel, vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern. Immer öfter kommen Schüler mit einem Schreiben ihrer Schulleitung nach Hause: „Krankheitsbedingt kommt es auch in unserem Kollegium zu Ausfällen. Vor diesem Hintergrund kann nicht für alle Klassen ein sinnvoller Vertretungsunterricht organisiert werden.“ Die hessische SPD hat sich im laufenden Wahlkampf gerne die Mühe gemacht, den Unterrichtsausfall in Hessen auf der Basis der ihrer Auffassung nach noch fehlenden 900 Lehrerstellen zur vollständigen Unterrichtsabdeckung hochzurechnen. Demnach fallen in Hessen immer noch rund 27.000 Wochenstunden aus.
Der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion der SPD, Lothar Quanz, bezeichnet den Wahlslogan der CDU deshalb als „unglaubliche Lüge“. Es werde zwar nicht bestritten, dass die Landesregierung mehr Lehrerstellen bereitgestellt habe, aber das selbst gesetzte Ziel habe sie nicht erreicht.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT