: Rücktritt wegen Leidenschaft und Liebe
Percy MacLean wirft den Posten als Direktor des Instituts für Menschenrechte hin. Zu viel Ärger mit dem Kuratorium
FREIBURG taz ■ Weil er sich zu sehr für die Rechte von Arbeitslosen einsetzte, verlor er selber seinen Job. Percy MacLean, der unkonventionelle Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin, gab jetzt entnervt auf – nach nur sechsmonatiger Amtszeit. Zu seinem Rückzug führten vor allem fachlich-strategische Konflikte innerhalb des Instituts.
Was immer auch MacLean thematisierte – Abschiebehaft, Sterbebegleitung, Menschenrechtsverletzungen im Gebiet der Anti-Taliban-Allianz – meist fanden große Teile seines Kuratoriums, dass er die falschen Schwerpunkte setze. Dem 16-köpfigen Gremium, das im Institut die Weichen stellt, gehören unter anderem Wissenschaftler, Menschenrechtsaktivisten sowie zwei Bundestagsabgeordnete an. Die vier Regierungsvertreter im Kuratorium haben kein Stimmrecht, um die Unabhängigkeit des Instituts zu betonen.
Zugespitzt hat sich der Streit im letzten Dezember. In einer Studie über das „Menschenrecht auf Arbeit“ ließ MacLean unter anderem ein Modell aus Luxemburg untersuchen, bei dem Arbeitslose in gesellschaftlich sinnvolle Dauerstellen, etwa bei der Sterbebegleitung, gebracht wurden.
Damit setzte MacLean einen Ansatz um, den er schon kurz nach seinem Amtsantritt in einem taz-Interview (am 23. 9. 2002) angekündigt hatte: „Es ist demütigend, gegen den eigenen Willen zum Versorgungsfall zu werden. Wenn der Arbeitsmarkt nicht genügend Arbeitsplätze schaffen kann, ist der Staat in der menschenrechtlichen Pflicht.“
Das Kuratorium fand jedoch, dass sich sein Direktor hier zu sehr in konkrete „sozial- und wohlfahrtsstaatliche“ Fragen einmische. Besser sei es, sich erst einmal darauf zu konzentrieren, wie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte besser im Völkerrecht verankert werden könnten. Am Ende war das Vertrauensverhältnis zwischen Kuratorium und Direktor so gestört, dass MacLean von sich aus den Rücktritt anbot.
Zunächst wird nun Kuratoriumsmitglied Barbara Unmüssig (Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung) das Menschenrechts-Institut kommissarisch leiten. Binnen eines halben Jahres soll dann einE neuE DirektorIn gefunden werden.
Wie das Kuratorium bestimmte, soll MacLeans NachfolgerIn weder aus dem Institut noch aus dem Kuratorium selbst kommen. Damit sei der Vorwurf „gegenstandslos“, Maclean sei mit Blick auf persönliche Interessen weggemobbt worden, betonte Unmüssig.
Der Jurist wird vermutlich ab März ans Berliner Verwaltungsgericht zurückkehren, wo er lange Jahre als Vorsitzender Richter arbeitete. „Ich sehne mich bereits nach der richterlichen Unabhängigkeit zurück“, sagte er und prophezeihte: „Es wird schwer werden, qualifizierte neue Bewerber zu finden, wenn das Kuratorium so in die tägliche Arbeit hineinregiert.“
SPD-Mitglied MacLean war der erste Direktor des im Dezember 2000 vom Bundestag beschlossenen und von der Bundesregierung finanzierten Instituts. Mit derzeit fünf Mitarbeitern und zahlreichen Werkverträgen sollte die neue Einrichtung unabhängig über die Menschenrechte forschen, Öffentlichkeitsarbeit machen sowie die Politik beraten.
Der scheidende Direktor glaubt, dass es dem Institut gut tun würde, wenn es sich wie eine Ombudsstelle auch um konkrete Einzelfälle kümmern könnte. „So könnte man verhindern, dass sich Menschenrechts-Profis vor allem um abstrakte Diskussionen, Konferenzen und internationale Verträge kümmern.“
Und dann wird der gebürtige Thüringer (mit schottischen Vorfahren) noch etwas pathetisch: „Es muss eine Liebe zu den Menschen da sein – eine Leidenschaft, das Leiden zu lindern.“
CHRISTIAN RATH