piwik no script img

Archiv-Artikel

FU und HU reichen sich die Hand

Auch die Mutteruniversitäten akzeptieren die Fusion der Berliner Hochschulmedizin. Keine Uniklinik soll sterben – und trotzdem sollen 100 Millionen Euro gespart werden

Nun soll aller Streit um die Berliner Hochschulmedizin beendet sein. Charité oder Virchow oder Benjamin Franklin – so lauteten bisher die Alternativen. Der Überlebenskampf der Milliarden verschlingenden Universitätsklinika währte lange – und er war wohl erfolgreich. Nach dem neuesten Gutachten des Wissenschaftsrats, des zentralen Begutachtungsgremiums von Bund und Ländern, muss keiner der drei Klinikstandorte sterben. Trotzdem sollen Einsparungen von rund 100 Millionen Euro möglich sein. Der Umbau der Unimedizin kann beginnen.

Ganze Bataillone von Beratern und Lobbyisten hatten die Präsidenten der Muttereinrichtungen, der Freien (FU) und der Humboldt-Universität (HU), bisher beschäftigt, um ihre jeweilige Unimedizin zu retten. Nun beklatschten Jürgen Mlynek (HU) und Peter Gaehtgens (FU) in einer länglichen Erklärung das neue Gutachten – und schlossen Frieden. „Die Präsidenten bekunden den ausdrücklichen Willen zur Zusammenarbeit, die unbelastet von den Auseinandersetzungen der Vergangenheit erfolgen soll“, lautet der Schlüsselsatz. Der Senat will mit seinen Gesetzesberatungen zu der Verschmelzung schon im kommenden Monat beginnen.

Das Gutachten des Wissenschaftsrats unterscheidet sich nicht wesentlich von dem des medizinischen Expertengremiums, das der Senat zuletzt beauftragt hatte. Die Gutachter sprechen sich sowohl gegen die Schließung des Uniklinikums Benjamin Franklin aus als auch gegen die Statusänderung des hochmodernen Rudolf-Virchow-Krankenhauses. Eines der Zauberworte des Gutachtens lautet „straffe und schlanke Leitungsstrukturen“. Die Chefetagen der Klinika sollten „deutlich schlanker“ werden, heißt es.

Das ist ein Schlag gegen die mächtigen Männer in den Verwaltungsspitzen der Klinika, die zur Sicherung des eigenen Einflusses viele Veränderungen hintertrieben haben. Dem neuen, dreiköpfigen Vorstand sollen keine Berliner Eigengewächse mehr angehören. Dekan, ärtztlicher Direktor oder Vorsitzender darf nur werden, wer in den vergangenen acht Jahren nicht in Berlin beschäftigt war.

Das Gutachten fand in den ersten Reaktionen viel Zustimmung. Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) versprach, die Reform „zügig in Angriff zu nehmen“, die Unipräsidenten bestärkten das mit den Worten, die mehr als einjährige Phase „der Auszehrung und Entwicklungsunsicherheit“ müsse ein Ende haben. Auch die Opposition klatschte verhalten Beifall. Lisa Paus etwa, die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, begrüßte die „Stärkung der Forschung“, die der Vorschlag enthalte. Dass jetzt ewiger Friede unter den „verfeindeten Brüdern“ (so der Vorsitzende der Expertenkommission für die Hochschulmedizin, Winfried Benz) anbreche, glaubt sie nicht. „Die Detailfragen kommen ja erst noch.“ CHRISTIAN FÜLLER