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Archiv-Artikel

Ex-Stadtrat blamiert die janze Innung

Amtsgericht verurteilt ehemaligen Kulturstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg Joachim Kohl wegen Geheimnisverrats zu einer Geldstrafe. Der hält die Vorwürfe für Kappes. Er will in der Hektik nur zwei Briefumschläge verwechselt haben

Von CHT

Das Amtsgericht Tiergarten hat den Ex-CDU-Stadtrat Joachim Kohl gestern wegen Geheimnisverrats zu einer Geldstrafe von 5.000 Euro verurteilt. Kohl war Ende Januar 2001 seit drei Wochen Kulturstadtrat im neuen Großbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Im Zuge der Fusion wurde auch ein gemeisames Kulturamt eingerichtet. Um die Leiterstelle bewarben sich die beiden Frauen, die das Amt bisher in den Einzelbezirken innehatten.

Wenige Tage vor dem Auswahlverfahren zitierte Kohl die damilige Kreuzberger Kulturamtsleiterin Krista Tebbe an ihrem freien Tag in sein Büro. Die heutige Kulturstaatsrätin sagte aus, sie habe am Telefon gefragt, um was es sich denn handle. Kohl habe geantwortet: „Das sehen sie dann schon, holen sie sich was Kleines ab.“ In seinem Büro habe er ihr einen verschlossenen, unbeschrifteten Umschlag übergeben, in dem sich die Fragen befanden, die ihr eine Woche darauf im Auswahlgespräch gestellt werden sollten. Daraufhin erstattete Tebbe Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und meldete den Vorfall der Bezirksbürgermeisterin.

Kohl beharrt indes auf seinem Standpunkt, eine „Verwechslung“ zweier Umschläge habe dazu geführt, dass er Tebbe die Fragen ihres Einstellungstests übergab. In der Hektik jenes Arbeitstages habe er Unterlagen zu einem „eiligen Projekt“ an Tebbe weiterleiten müssen, und sie deshalb privat angerufen. Um die Prüfungsfragen „im Urlaub zu überarbeiten“, habe er sie ebenfalls in einen Umschlag gesteckt und diesen zugeklebt.

Amtsrichter Sascha Daue bezeichnete diese Darstellung in seiner Urteilsbegründung als unglaubwürdig. Die Prüfungsfragen hätte sich Kohl auch einfacher mitnehmen können: „So’n Leitz-Ordner kann man doch locker mal ins Auto packen.“ Die Aussage Tebbes hingegen bezeichnete Daue als schlüssig. Als Motiv vermutet das Gericht, Kohl wollte als Stadtrat und Vorgesetzter einer möglichen Kulturamtsleiterin Tebbe im Vorfeld eine Abhängigkeit zu ihm konstruieren. Beim Strafmaß folgte das Gericht der Staatsanwaltschaft. Besonders schwer wiege, dass das „Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung starken Schaden“ genommen habe. Kohl plant, gegen das Urteil vorzugehen. CHT