: Verlassene Jugend
Straßensozialarbeiter: Stellenstreichungen in St. Pauli wirken sich aus. Altona trägt die Last von Mitte
Knapp ein Jahr, nachdem die ersten Stellen der Straßensozialarbeit in St. Pauli gestrichen worden sind, hat die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Straßensozialarbeit gestern einen Bericht über die Folgen im Stadtteil vorgestellt. Per Fragebogen waren sechs Einrichtungen der offenen Jugendarbeit in St. Pauli und Altona-Altstadt zu den Auswirkungen der Stellenstreichungen befragt worden. Fazit: Jugendliche aus St. Pauli (Bezirk Mitte) nehmen verstärkt Einrichtungen in Altona in Anspruch. Das Klima ist rauer geworden.
Ende vergangenen Jahres hatte der Jugendhilfeausschuss des Bezirks Mitte 8,5 Stellen in der Jugendarbeit gestrichen, sieben davon in St. Pauli. Das entspricht nach Angaben der LAG einem Drittel der Stellen im Kinder- und Jugendbereich. Zwei Stellen sind mit dem Hinweis, das sei nur vorübergehend, bereits zum 1. März vergangenen Jahres gestrichen worden.
Nach den Beobachtungen der Jugendeinrichtungen treffen sich die Jugendlichen jetzt auf öffentlichen Plätzen, wie dem Spielplatz an der Silbersackstraße und dem Hein-Köllisch-Platz. Dort hingen sie in Gruppen herum, belästigten Passanten und Anwohner und bedrohten sie zuweilen. Mehrfach hätten sich Anwohner an die Jugendarbeiter mit der Bitte gewandt, die Jugendlichen von der Straße verschwinden zu lassen. „Es kam zu Zwischenfällen, bei denen die Polizei erscheinen musste“, heißt es in der Auswertung.
Die übrig gebliebenen Clubs und Treffs in St. Pauli verzeichneten eine starke Zunahme der Nachfrage nach neuen Angeboten. Das Jugendhaus klage darüber, dass volljährige Besucher die Jugendlichen verdrängten. Viele wichen auf Einrichtungen in Altona aus, die einen Besucherzuwachs von 20 bis 30 Prozent registrierten. Teilweise stellten die Gäste aus Mitte mehr als die Hälfte der Stammbesucher. Gernot Knödler