: Kampf gegen rechts gilt als zu teuer
Modellprojekte gegen Rechtsextremismus sind in ganz Deutschland bedroht. Bundesregierung fordert, dass sich Länder an den Kosten beteiligen. Doch die sparen. Sachsen-Anhalt entscheidet am Montag, ob das Projekt „Miteinander“ weiter besteht
von HEIKE KLEFFNER
Ein „gefährliches Signal“ – so bezeichnet die Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck das drohende Aus für den sachsen-anhaltischen Verein „Miteinander“. Dort bemühen sich 24 Mitarbeiter um regionale Strategien gegen Rechtsextremismus. Mitte Januar beschlossen die Fraktionen der Magdeburger Regierungsparteien CDU und FDP, die Mittel für Miteinander um rund 70 Prozent auf 300.000 Euro zu kürzen. Damit stellten sich die Abgeordneten gegen die eigene Landesregierung, die dem Verein noch im Dezember einen vorläufige Zusage über rund 540.000 Euro gemacht hatte.
Dabei sind „Migranten, junge Linke und nicht rechte Jugendliche einem kaum vorstellbaren Maß an Gewalt und alltäglicher Bedrohung ausgesetzt“, kritisiert Zissy Sauermann von der Opferberatung. Zum Beispiel in Sangerhausen, wo zum Jahreswechsel sieben mit Baseballschlägern bewaffnete Skinheads die Wohnung eines Punks stürmten. Der 24-Jährige leidet immer noch unter den Folgen eines Milzrisses und den schweren Kopfverletzungen.
Am Montag entscheidet der so genannte Bereinigungsausschuss des Magdeburger Landtags, ob es bei den Kürzungen für Miteinander bleibt. „Dann müssen wir im März dichtmachen“, sagt Wolfram Stender, der Geschäftsführer des Vereins. Er resümiert, dass Miteinander die Abhängigkeit von der Landesfinanzierung zum Verhängnis wurde – denn „die Projekte werden zum Spielball, sobald die Regierungskonstellationen in den Ländern wechseln“.
Doch genau dieses Finanzierungsmodell soll bald auch für mehrere hundert Projekte gelten, die derzeit über das so genannte Civitas-Programm der Bundesregierung finanziert werden. Zehn Millionen Euro hatte der Bund für mobile Beratungsteams gegen Rechtsextremismus, für Opferberatungen und für kleine Initiativen im vergangenen Jahr ausgegeben.
Ob es auch 2003 dabei bleibt, hängt vom Bundestag ab. Derzeit ist die Finanzierung der Projekte lediglich bis zum März gesichert. Dann müssen sie nachweisen, dass die jeweiligen Landesregierungen künftig zur Finanzierung beitragen wollen.
Als „unfair und unverantwortlich“ bezeichnet der Thüringer DGB-Landeschef Frank Spieth diese Veränderungen in den Leitlinien des Bundesprogramms. Er verweist darauf, dass die mobilen Beratungsteams und Opferberatungen als „Modellprojekte“ gelten. Ihnen sei eine Bundesförderung über drei Jahre zugesichert worden. „Erst dann lässt sich die Nachhaltigkeit der Arbeit überhaupt feststellen“, so Spieth. Der DGB-Chef steht auch dem Verein Mobit e.V. vor, der in Thüringen Kommunen im Umgang mit Rechtsextremismus berät.
Dabei hat Spieth die Erfahrung gemacht, dass es knapp zwei Jahre dauerte, bis die CDU-Landesregierung in Thüringen Mobit e.V. als „kompetenten Gesprächspartner“ akzeptierte. Dennoch fürchtet er, dass die anstehenden Verhandlungen über eine Landesfinanzierung seines Projektes schwierig werden könnten.
Eine Debatte will das zuständige Bundesministerium für Jugend und Soziales offenbar verhindern. Der Zuwendungsbescheid einer anderen Initiative, der der taz vorliegt, koppelt die Bundesfinanzierung ausdrücklich daran, dass sich die Projekte nicht mehr öffentlich zu Civitas äußern. Zudem bedarf die Veröffentlichung von Projekterkenntnissen „der vorherigen Zustimmung des Ministeriums“. Spieth: „Das greift erheblich in die Eigenverantwortlichkeit der Projekte ein.“ So kann derzeit eine druckfertige Bilanz von acht Opferberatungsprojekten nicht veröffentlicht werden. Im Ministerium wird noch gelesen.