Das Ideal heißt NSDAP

Lübecker Wählergemeinschaft sucht die Nähe zum Nationalsozialismus. Behörden sind bei Durchsuchung „überall“ auf rechtsradikales Gedankengut gestoßen

„Trotz Verbot sind wir nicht tot“, skandierten am Samstag die Neonazis bei dem vom „Bündnis nationaler Sozialisten für Lübeck“ angemeldeten Aufmarsch (siehe nebenstehender Text). Die Wählergemeinschaft dokumentiert mit ihrem programmatischen Namen ihr politisches Ideal – die „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ NSDAP. Aber nicht nur ihr Titel, auch ihr Programm fordert die Behörden heraus.

Noch am Freitag durchsuchten deshalb der Staatsschutz die Wohnung des Vorsitzenden der Wählergemeinschaft, Jürgen Gerg, im Lübecker Stadtteil St. Jürgen. Nach Angaben der Polizei bestehen „Anhaltspunkte, dass der Inhalt des Programms dazu bestimmt ist, die Bestrebungen der NSDAP fortzuführen“. Im Programm, hebt Georg Güntge von der Staatsanwaltschaft Flensburg hervor, werde unter anderem gefordert, dass Ausländer und auch Deutsche mit ausländischer Herkunft das Land verlassen müssten oder ausländische Kinder nicht zusammen mit Deutschen eine Schulklasse besuchen dürften. „Diese Gedanken erinnern ganz deutliche an die nationalsozialistische Politik“, betont Güntge, der landesweit diesen Straftatbestand bearbeitet. Bei der Durchsuchung sei man denn auch „überall auf rechtsradikales Gedankengut“ gestoßen.

Diese Aktion sei eine Behinderung des derzeit laufenden Kommunalwahlkampfes, klagt Jörn Lemke, Gergs Stellvertreter, und schimpft sogleich über Dieter Kern, weil der Vorsitzende des konkurrierenden „Bündnis Rechts“ die Wählergemeinschaft als „nationalsozialistische Organisation“ bezeichnet habe. Damit habe er den Vorwurf der „Wesensverwandtschaft mit der NSDAP“ gestützt. Doch selbst Hamburgs führender Neonazi Christian Worch, der Lemke und Gerg wohlgesonnen ist, findet, dass die beiden zu weit gegangen seien. In einem Brief an Kern schreibt er, dass er den „originalen Namen“ der Wählergemeinschaft nicht verwende, um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Seit langem bemühen sich Neonazis um eine Renaissance der NSDAP, im dem sie versuchen, mit offen verherrlichenden Parolen, wie „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ ihren Spielraum zu erweitern. ANDREAS SPEIT