piwik no script img

Archiv-Artikel

letzte Fragen

Wie sieht ein heiliger Strohsack aus? (20. 9.)

Er trägt einen Heiligenschein. Konstantin Lipp, Heubach

Der heilige Strohsack ist der Schutzpatron der Armut, des Rheumas und des Hexenschusses. Genauso wie der heilige Bimbam der Schutzpatron der allsonntäglichen Lärmbelästigung ist. Der heilige Strohsack sieht ausgesprochen unförmig aus, hüllt sich in grobes Leinen oder Jute und hat Stroh nicht nur im Kopf, sondern im ganzen Leib. Der heilige Bimbam ist eher glockenförmig, und beim Tönen baumelt sein Plöppel. Beide weisen sich mit einem gefälschten Heiligenschein aus. Gerhard Rudolf, Bad Homburg v. d. Höhe

Wie ein Paparazzo! August Müllegger, Friedberg

Wenn ein Schwabe mit seinem Auto, das er „heilig’s Blechle“ nennt, in Urlaub fährt, packt er seine Luftmatratze ein und bezeichnet diese als seinen „heiligen Strohsack“. Bei der Ankunft auf dem Campingplatz murmeln seine Nachbarn, die von den religionsgeschichtlichen Ursprüngen solcher Bezeichnungen keine Ahnung haben: „Ach du lieber Gott, schon wieder ein heiliger Bimbam!“ Lothar Picht, Sandhausen

Auf dem Kopf eine Mitra, in der Hand einen Stab, eingehüllt in eine Pektorale und am Finger einen Ring. Verabscheut Strohsäckinnen. Margot Brünner, Reichertshofen

Schaut euch doch mal in Rom um! Georg Prüfer-Schönfelder, Heidenheim

Prinzipiell ist das ganz einfach. Wenn eine dazu befugte katholische Instanz jemand oder etwas heilig gesprochen hat, steht das irgendwo geschrieben. Nun ist das meines Wissens bei Strohsäcken noch nicht der Fall gewesen.

Obwohl sich dies bei Jesu erster Liegeunterlage bei seiner Geburt angeboten hätte. Vielleicht geht man hier aber fraglos von der Heiligkeit des Sacks aus, sozusagen als Folge eines Akts der Durchdringung mit Heiligkeit. Ähnlich, wie wir es von der radioaktiven Strahlung kennen.

Davon abgesehen sind wir im Alltag zum Erkennen von heiligen Strohsäcken auf die besondere Sensibilität privilegierter Zeitgenossen angewiesen.

Claus Steffens, o.A.

Nachdem INRI vor gut 2.000 Jahren einige Zeit drauf gelegen ist, ist er in der Zwischenzeit sicher zu Kompost verrottet. Er sieht nun folglich aus wie Erde.Edith Salmen, Bernau am Chiemsee

Ein leerer heiliger Strohsack sieht aus wie ein Papstgewand ohne Papst. Klaus Konold, Herbrechtingen

Die Frage muss richtig gestellt so lauten: Wie sieht der heilige Strohsack aus? Denn in unserer kleinen Dorfkirche im hohen Norden (leider muss ich den Ort geheim halten, denn für einen Pilgersturm à la Lourdes, Fatima oder Santiago sind wir nicht gerüstet) liegt seit dem frühen 13. Jahrhundert der „wahre heilige Strohsack“, der auf verschlungenen Wegen hierher gelangte.

Es ist der Strohsack, in den Jesus in seiner ersten Nacht – noch bevor die Hirten und dann die Weisen aus dem Morgenland eintrafen – gewickelt wurde. Ein heiliger Strohschlafsack sozusagen.

Melchior, einer der drei Weisen, erkannte sofort die Bedeutung dieses grob gewebten unscheinbaren Jutebeutels. Er tauschte ihn bei Josef gegen einen weichen Schal aus Samt ein und vermachte ihn seinen Erben. Sie gaben das Wissen um den „heiligen Strohsack“ weiter.

So gelangte er im 5. Jahrhundert in den Kirchenschatz von Santa Maria Draperis in Konstantinopel. Nach der Plünderung Konstantinopels 1204 (4. Kreuzzug) kam er nach Sizilien, wo ihn Barbarossas Enkel, Friedrich II., dann dem Ritter Eggebertus vermachte. Dieser nahm ihn in seine cimbrische Heimat mit, als Lohn für treue Dienste. Hier kommt er nun einmal im Jahr zum Einsatz. In einer kleinen, aber leider nicht originellen „heiligen Krippe“. Man kann nicht alles haben …

Zum Schluss zurück zur Frage: Ganz normal sieht er aus, schon etwas verwittert und zerbröselt, aber durchaus noch als Jutesack zu erkennen!

Michael Friesicke-Öhler, Eggebek

So ähnlich wie der heilige Klabautermann! Und beide müssen aufpassen, dass sie nicht von einer heiligen Kuh gefressen werden! Sibylla Hesse, Potsdam

Was heißt, da beißt die Maus keinen Faden ab? (20. 9.)

Das heißt sinngemäß, dass man nicht den Ast absägen soll, auf dem man sitzt. Beziehungsweise nicht den dünnen Faden von dem Damoklesschwert zerreißen soll, das über uns hängt. Erhard Jakob, Pulsnitz

Mäuse lieben Speck und Würste. Es war immer schwierig, diese Vorräte mäusesicher zu lagern, da die Nager gern in Speisekammern eindringen und leicht an Regalen hochklettern.

Wenn man Würste etc. jedoch an der Decke aufhängt – an einer Schnur –, dann ist die Maus nicht schlau genug, oben den Faden abzubeißen, herabzuflitzen und unten den herabgefallenen Vorrat des Menschen zu vertilgen.

Also ist die Aufhängung an der Decke eine sichere Lösung. Ohne Zweifel: Genau das meint die Redewendung.

Sibylla Hesse, Potsdam

Die Maus hat Probleme mit ihren Zähnen. Konstantin Lipp, Heubach

Wenn sie keinen Faden abbeißt, dann handelt es sich um eine schlaue Maus. Denn in Zeiten, als es noch keine mechanischen Mausefallen gab, tat es ein von der Decke hängender schwerer Stein.

Auf dem Fußboden der Häuser wurde ein Faden verankert, senkrecht zur Decke und durch eine Öse geführt. Dann, in einem gewissen Abstand über dem Boden, ein schweres Gewicht an das frei schwebende Fadenende gehängt. Um den am Boden befestigten Faden wurden leckere Köder ausgelegt.

Auch Fettnäpfchen, in die man ja nicht treten soll. Vielleicht wurde auch der Faden mit Leberwurst oder Frischkäse eingeschmiert. Biss nun die Maus in dieses Leckerli hinein und erwischte dabei den Faden, so fiel das Gewicht auf sie: Faden durch, Mäuschen tot.

Michael Friesicke-Öhler, Eggebek

Beißt die Maus den Faden ab – macht die Laus beim Baden schlapp, brennt da krass der Laden ab, gibt’s beim Schmaus nur faden Papp, reicht’s beim Papst zum Segen knapp. Weil die Maus das weiß, beißt sie keinen Faden ab. Reine Vorsichtsmaßnahme! Rossi Miller, Kempten

PROCEDERE: Letzte Fragen bitte an die taz, Letzte Fragen, Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin E-Mails bitte nur an fragen@taz.de