Gastkommentar
: Theater auf der Kippe

Wer zieht Böse an Land?

Er hat es wirklich ernst gemeint: Kuno Böse wollte Klaus Pierwoß behalten. Dass dann die Geschichte so gründlich danebenging, klärt auch den Naivsten darüber auf, wie man es nicht macht. Nun wird Kultursenator Böse kein Lehrstück nötig haben, wie man Intendanten behält. Beim nächsten Intendantenwechsel gibt es keinen Kultursenator Böse mehr, und das ist gut so. Gut so ist auch, dass mit einem neuen Kultursenator auch ein neuer Staatsrat für Kultur zuständig sein wird.

Aber zurück zu unserem neuesten Senatsflop. Fakt ist, dass Bremens Theater schon seit längerem unterfinanziert ist. Jeder Vergleich mit ähnlichen Großstadtbühnen verdeutlicht das. Als ich vor Jahren McKinsey auf das Bremer Theater ansetzte, haben wir es anschließend auch nach Meinung ausgebuffter Theaterkenner finanziell auf die Grundlinie heruntergefahren, in den Jahren danach ist das Bremer Theater trotzdem immer noch ärmer gemacht worden. Einige Jährchen wird Bremen dessen ungeachtet immer noch ein Theater haben. Denn einen, der sich gern Generalintendant nennt, findet man immer, und Schauspieler, die sich verzweifelt selbst ausbeuten, nur damit sie spielen können, stehen auch noch vor der Tür.

Zwar ist die Autobahn nach Bremen nicht mehr die wichtigste Einrichtung der Theaterstadt Hamburg, wie einst Die Welt schrieb, aber ein Abglanz dessen liegt noch über uns – Pierwoß sei Dank. Vielleicht klärt mal einer die Regierung der Möchtegern-Kulturhauptstadt Europas darüber auf, wie Kultur und Theater zusammengehören. Bei der Gelegenheit könnte auch dem Wirtschaftssenator gesagt werden, dass ein renommiertes Theater auch ein Ansiedlungsfaktor für Unternehmen ist. Und der Kollege Perschau könnte lernen, dass zu einem Oberzentrum, das seine Selbstständigkeit verteidigen will, unbedingt die Leistungskraft eines kulturellen Zentrums gehört. Und der Kollege Lemke könnte lernen, dass zur Bildungslandschaft Bremen und guten Schulen auch ein gutes Theater gehört. Und warum haben die Herren ihren Kollegen Böse auf den Topf gesetzt und die Finanzierung nicht wenigstens so gelassen wie bisher? Weil der Kultursenator sich so dämlich angestellt hat. Er hat versäumt, so früh wie möglich ein Bündnis mit dem Mann zu schließen, der für die Vorbereitungen von Senatsentscheidungen am wichtigsten ist: mit dem Chef der Senatskanzlei, mit Reinhard Hoffmann. Hoffmann sitzt im Aufsichtsrat Theater. Nun liegt der Intendant im Brunnen. Ob er da wieder rauszuholen ist? Böse muss es versuchen. Scherf muss es versuchen. Sinn macht ein solcher Appell aber nur, wenn beim Kultursenator und auch beim Bürgermeister ernsthaft die Auffassung besteht, man sollte Pierwoß halten. Davon aber sollten man ausgehen. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Reinhard, zieht den armen Kuno auf festes Land. Gemessen an den Summen, die ihr andernorts versenkt habt, geht es hier wirklich um Peanuts. Gebt Pierwoß den alten Vertrag. Horst-Werner Franke, Kultursenator a. D.