Mehr Zeit für Frieden

Europäische Union und deutsche Parteien einig: UN-Inspektoren sollen länger im Irak suchen. USA wollen Geheimpapiere veröffentlichen

BERLIN dpa/afp ■ Die EU-Außenminister haben sich gestern in Brüssel auf eine Formulierung geeinigt, mit der sie die Absicht der UN-Inspektoren begrüßen, ihre Arbeit im Irak „fortzusetzen und zu intensivieren“. Außenminister Joschka Fischer befürwortete am Abend eine Fortsetzung der UN-Inspektionen.

Auch Bundeskanzler Schröder forderte eine Verlängerung des Einsatzes. Schröder sagte in Berlin, die Inspektoren sollten „die Zeit bekommen, die sie zur Erfüllung ihrer Mission tatsächlich brauchen“. Er bekräftigte sein Nein zu einem Irakkrieg: „Wir teilen nicht die Auffassung, dass Druck – gerade in jener so instabilen Region des Nahen und Mittleren Ostens – am besten oder gar ausschließlich mit militärischen Mitteln ausgeübt werden kann.“ Es könne nur das letzte Mittel sein, einen Diktator durch Krieg zu stürzen. Er warnte vor einem „Triumph des Rechts des Stärkeren über die Stärke des internationalen Rechts“.

Mehr Zeit wollen alle deutschen Parteien den UN-Waffeninspektoren im Irak zubilligen. CSU-Chef Stoiber sagte, wenn Blix mehr Zeit brauche, müsse er sie erhalten. Ein militärischer Alleingang der USA sei nicht akzeptabel. Union und FDP forderten die Bundesregierung auf, im UN-Sicherheitsrat ohne einseitige Festlegung zu diskutieren. Die Grünen zeigten sich erleichtert über die absehbare Verlängerung der Waffeninspektionen.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag begrüßte den UN-Bericht. In Hessen und Berlin protestierten tausende Menschen gegen einen drohenden Krieg. In Frankfurt zogen 3.000 Menschen zum US-Generalkonsulat. In Berlin versammelten sich Demonstranten an Brandenburger Tor.

Außenminister Colin Powell sieht aufgrund von Geheimdienstberichten „die schlimmsten Befürchtungen“ Washingtons über das Streben Iraks nach Massenvernichtungswaffen bestätigt. „Wir hoffen, diese Berichte, sofern möglich, in einer Woche öffentlich zu machen“, sagte Powell. US-Präsident Bush werde den Irakkonflikt in dieser Woche mit mehreren Staatschefs erörtern und danach entscheiden. Powell bekräftigte, dass eine zweite UN-Resolution zum Irak für die USA keine Vorbedingung sein könne, um gegen Bagdad vorzugehen.

Nach einem Bericht des US-Senders CNN arbeiten die USA bereits an der Formulierung einer neuen Resolution. Powell räumte ein, dass manche Länder sich Washington leichter anschließen könnten, wenn eine Resolution den Einsatz „aller notwendigen Mittel“ einräume.