: Stillhalte-Deal geplatzt
Der Hamburger Shoppingcenter-Riese ECE hat versucht, Gegner seines Schlosshöfe-Centers in Oldenburg zu kaufen – Geheimhaltungsklausel inklusive. Doch der Plan flog auf, und es kam heraus, worauf ECE es abgesehen hat: auf Parkplätze
Alstertal-Einkaufszentrum, Hamburg: 59.000 Quadratmeter, 3.000 Parkplätze Phoenix-Center, Hamburg: 26.500 Quadratmeter, 1.600 Parkplätze Billstedt-Center, Hamburg: 40.000 Quadratmeter, 1.400 Parkplätze Herold-Center, Norderstedt: 26.000 Quadratmeter, 850 Parkplätze City-Galerie, Wolfsburg: 20.000 Quadratmeter, 800 Parkplätze plus „über 5.000 in der direkten Umgebung“ City-Point, Braunschweig: 12.300 Quadratmeter, „weit über 1.000 Parkplätze im Parkhaus und in nächster Nähe“ Schloss-Arkaden, Braunschweig: 30.000 Quadratmeter, 1.700 Parkplätze Promenade am Hauptbahnhof, Hannover: 7.000 Quadratmeter, 1.700 Stellplätze „nördlich des Bahnhofs“ Leine-Center, Laatzen bei Hannover: 29.000 Quadratmeter, 1.700 Parkplätze Roland-Center, Bremen: 30.000 Quadratmeter, 1.700 Parkplätze TAZ / Quelle: www.ece.de
VON FELIX ZIMMERMANN
Da scheint etwas schief gelaufen zu sein in der Zentrale des Shoppingcenterriesen ECE in Hamburg-Poppenbüttel. Eigentlich kaum vorstellbar, dort sind Profis am Werk, das Unternehmen hat allein in Deutschland 79 Center gebaut und baut ständig neue. Und doch verliert Jan Röttgers für einen Moment seine gute Laune, als er auf seinen jüngsten Schachzug zur endgültigen Durchsetzung des ECE-Centers in Oldenburg angesprochen wird.
Röttgers ist der Projektentwickler, in der Oldenburger Innenstadt plant sein Unternehmen derzeit den Bau der so genannten Schlosshöfe, eines Einkaufscenter-Monolithen neben dem Oldenburger Schloss. Doch dieser Schachzug ist Röttgers missglückt – peinlich für die ECE.
Oldenburg, ein trister Parkplatz an der Amalienstraße am Rand des Innenstadtkerns. Das Grundstück gehörte der Deutschen Telekom, es grenzt an die Rückseite mehrerer Gründerzeithäuser. In einem der Häuser wohnt eine Familie, die der ECE lästig ist: Sie klagt gegen die Baugenehmigung des Einkaufscenters – und gegen die Bebauung des Parkplatzes hinter ihrem Haus. In der Amalienstraße sei es durch den Autoverkehr schon jetzt zu laut, durch das Center werde es noch lauter, weil noch mehr Autos angelockt würden.
Den Parkplatz in der Amalienstraße hat vor gut einem Jahr das Oldenburger Bauunternehmen Freytag & van der Linde gekauft, um dort ein Parkhaus mit 601 Stellplätzen zu bauen. Die ECE würde sich sehr über dieses Parkhaus freuen, denn das eigene Parkhaus wird kleiner als gewollt: Mehr als 360 Stellplätze wird die ECE dort nicht haben. Zu wenig, wenn man einem Center mit 90 Geschäften Kundschaft zuführen will.
ECE-Gegner vermuteten stets, das Parkhaus an der Amalienstraße werde exklusiv für das Shopping-Center gebaut. Es hieß auch, Freytag & van der Linde habe für 300 Parkplätze bereits einen Dauermieter – etwa ECE? Der Standort wäre wie gemacht: Über einen extra angelegten Fußweg wären es nur ein paar Meter, Benutzern des Parkhauses würde gar nichts anderes übrig bleiben, als genau dort hin zu gehen, wo ECE sie haben will.
Für die Kläger war das Grund genug, zwischen beiden Projekten einen Zusammenhang herzustellen. Die ECE im Verbund mit der Stadt Oldenburg – die das Center will – stritt diesen Zusammenhang stets ab. Das Oldenburger Verwaltungsgericht folgte dieser Darstellung und lehnte am 23. September den Antrag auf Baustopp für das Center ab.
Für ECE-Projektentwickler Röttgers ist das der Moment gewesen, zu einem in seinem Unternehmen üblichen Mittel zu greifen: Gegner werden eingekauft – so wie in Braunschweig, wo die Allianz durch die ECE-Pläne den Mindestabstand zu einer ihrer Immobilien nicht eingehalten sah und vor Gericht zog. Um das Center wie geplant bauen zu können, kaufte die ECE der Allianz die Immobilie ab.
Röttgers muss die Oldenburger Kläger nach der Niederlage vor Gericht für so demoralisiert gehalten haben, dass er glaubte, ein scheinbar für beide Seiten lukratives Angebot werde fruchten. Also schickte er ihnen noch am selben Tag per E-Mail „in Vorbereitung unseres Gesprächs den Entwurf einer Vergleichsvereinbarung“ – Geheimhaltungsklausel inklusive. Hätten die Kläger unterschrieben, hätte niemand erfahren, warum sie nichts mehr gegen das Center haben und sich auch nicht mehr zur Parkplatzfläche hinter ihrem Haus äußern. Dort sind die Parkhauspläne zwar vom Oldenburger Stadtrat gestoppt worden, aber ebenerdiges Parken mit 231 Plätzen ist erlaubt.
Und genau darauf hat es die ECE tatsächlich abgesehen – in dem Vergleichsvorschlag bekennt sie sich erstmals dazu: Sie plane den Erwerb der Fläche, „um dort Parkplätze herzurichten“. Die Kläger sollten dazu und zum Bau des Centers ihre Zustimmung erteilen – im Gegenzug bot die ECE an, die lärmgeplagten Kläger „bei der Verbesserung des passiven Schallschutzes“ zu unterstützen – etwa mit Schallschutzfenstern. Doch die Kläger sagten das Gespräch ab. Für ein paar Fenster, die das Problem nur abmildern würden, wollten sie nicht auf ihre Klagerechte verzichten.
Für Röttgers eine schmerzliche Niederlage. Wenn er darauf angesprochen wird, stöhnt er kurz auf, was für einen wie ihn schon viel Abweichung von der Linie professioneller Freundlichkeit ist. Dann fängt er sich und bekennt, es sei doch „logisch, dass wir zusätzliche Parkplätze dort schaffen, wo das Objekt in der Nähe ist“, möglichst nah am Center also.
Wie es weitergeht, ist nicht ganz klar. Drei Interessenten gibt es für das Grundstück Amalienstraße. Gut möglich, dass die ECE den Zuschlag erhält und dadurch 231 Parkplätze mehr hätte. Um den Schallschutz müssten sich die Nachbarn dann selbst kümmern. Es sei denn, sie sind doch noch vor Gericht erfolgreich – zwei Klagen sind noch anhängig.