: „Ich habe die T-Mobile-Daten“
Der Erotikunternehmer Tobias Huch hatte der Telekom schon vor zwei Jahren mitgeteilt, dass er die geklauten Kundendaten besitzt – doch nichts ist passiert. Huch: „Die Polizei hat sich nicht gemeldet“
TOBIAS HUCH, 27, ist Unternehmer in der Erotik- und Musikbranche. Er betreibt auch das Altersprüfsystem „ueber18.de“.
INTERVIEW CHRISTIAN RATH
taz: Herr Huch, vor zwei Jahren wurden bei T-Mobile 17 Millionen Kundendaten illegal kopiert. Sie sollen im Besitz dieser Daten sein. Stimmt das?
Tobias Huch: Die Daten sind derzeit an einer sicheren Stelle gespeichert, auf die ich Zugriff habe.
Seit wann?
Seit zwei Jahren.
Wie kamen Sie an die Daten?
Ein Mann aus Österreich hat sich bei mir gemeldet, er wolle seine Kundendatenbank versilbern. Er gab mir ein Kennwort, sodass ich mir die Daten, die auf einer Webseite gespeichert waren, anschauen und herunterladen konnte. Mir wurde aber schnell klar, dass das keine normale Kundendatenbank war.
Warum?
Weil es einfach zu viele Daten waren. Welches Unternehmen hat schon 17 Millionen Kunden? Außerdem hatten alle eine Telefonnummer von T-Mobile. Da dachte ich mir, das müssen die geklauten T-Mobile-Daten sein.
Woher wussten Sie zu diesem Zeitpunkt, dass bei T-Mobile Daten illegal kopiert wurden?
Das hatte ich schon einige Wochen vorher erfahren, von einem Branchen-Insider.
Was haben Sie dann mit den T-Mobile-Daten gemacht?
Ich habe schon zwei Stunden später über meinen Anwalt einen Aktenvermerk über den Vorgang anfertigen lassen. Dann habe ich T-Mobile kontaktiert.
Und wie war die Reaktion?
Dort wusste man schon, dass die Daten auf dem Markt sind. Es hieß, dass meine Informationen an die Polizei weitergegeben werden. Außerdem hat mich T-Mobile aufgefordert, die Daten auf meinem Computer zu sichern.
Und das haben Sie gemacht?
Natürlich. Ich dachte ja, die Polizei kommt bald, um sich die Daten anzuschauen. Aber dann ist nichts mehr passiert. Von T-Mobile habe ich nichts mehr gehört, und auch die Polizei hat sich nicht gemeldet.
Die 17 Millionen Datensätze lagerten also zwei Jahre lang auf Ihrem Computer?
Ja. Das hat etwa 2 bis 3 Gigabyte Speicherplatz blockiert. Außerdem musste ich die Sicherheitsvorkehrungen meines Computers heraufschrauben, damit nicht Unbefugte an die Daten herankommen.
T-Mobile hat 2006 also gewusst, dass bei Tobias Huch ein Satz der illegal kopierten Daten liegt. Warum hat das Unternehmen nicht versucht, die Daten zurückzubekommen?
Das habe ich mich auch gefragt.
War ihnen klar, dass unter den Kundendaten geheime Handynummern von Prominenten und Politikern waren?
Ich habe einen meiner Programmierer ein kleines Programm schreiben lassen, sodass ich mir die Daten mal näher ansehen konnte. Da stieß ich auf viele bekannte Namen. Dass zum Beispiel die Nummer von Charlotte Knobloch [Präsidentin des Zentralrats der Juden, d.Red.] nicht in die Öffentlichkeit gehört, war mir sofort klar.
Sie sind geschäftstüchtig. Haben Sie nie daran gedacht, die Daten zu Geld zu machen?
Natürlich sah ich, was für einen Wert ich da in der Hand hielt. Ein Missbrauch der Daten kam aber für mich selbstverständlich nicht in Frage. Es gibt Wichtigeres als Geld.
Die Telekom deutet an, Sie hätten sich 2006 deshalb gemeldet, weil Ihnen der Besitz der T-Mobile-Daten zu heiß geworden sein könnten …
Die Telekom musste nicht nur einräumen, dass vor zwei Jahren Daten von 17 Millionen Handykunden gestohlen worden waren, ohne dass diese darüber informiert wurden. Die Mobilfunksparte T-Mobile sammelte auch über Jahre detaillierte Telefonrechnungen ihrer Aufsichtsräte. Er sei informiert worden, dass im Aufsichtsratsbüro entsprechende Unterlagen gefunden worden seien, erklärte am Montag T-Mobile-Aufsichtsrat Ado Wilhelm. DPA
Das ist eine dreiste Behauptung. Mein Anwalt kann bestätigen, dass ich mich damals aus Verantwortungsbewusstsein unverzüglich bei T-Mobile gemeldet habe. Auch habe ich nie versucht, Geschäfte mit den Daten zu machen. Vielmehr habe ich auf die angekündigten polizeilichen Ermittlungen gewartet. Aber nichts geschah.
Was wäre das Datenpaket auf dem Markt wert gewesen?
Wenn sich jemand geschickt anstellt, kann er daraus binnen einem Jahr 50 Millionen Euro Gewinn ziehen.
Zwei Jahre später haben Sie sich dann an Justizministerin Zypries gewandt. Wie kam das?
Wir saßen zufällig im gleichen Flugzeug, ich erkannte sie und sprach sie beim Aussteigen an.
Und wie hat sie reagiert?
Sie war sehr interessiert. Das war ja die Zeit, als es mit den Datenskandalen gerade losging. Ich sagte, dass ich ihr auch eine SMS schicken könne, schließlich hatte ich ihre Mobilnummer auch im Computer. Das fand sie, glaube ich, ganz witzig.
Hat die Polizei Sie inzwischen kontaktiert?
Nein. Ich bin aber jederzeit zu einer Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft bereit.