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Archiv-Artikel

Sauberes Wasser für die wenigsten

UN-Bericht zur ökologischen Lage in Afghanistan. Die meisten Wälder sind abgeholzt, die Böden verseucht

DENVER afp ■ Verseuchtes Trinkwasser, giftige Abgase, abgeholzte Wälder: Die Umwelt in Afghanistan ist nach 25 Jahren Krieg, Dürre und Hungersnot weitgehend zerstört. Diese katastrophale Situation wertet ein gestern in Denver/USA vorgestellter Bericht der Vereinten Nationen als eines der größten Hindernisse für die Erholung des Landes.

Im vergangenen Jahr untersuchten zwei Dutzend afghanische und westliche Wissenschaftler im Auftrag des UN-Umweltprogramms (Unep) 73 städtische und ländliche Gebiete. Ihr Bericht gibt erstmals seit 1970 einen Überblick über die Lage in einem der ärmsten Länder der Welt. In Kabul und anderen Städten ist die Bevölkerung von Epidemien bedroht, weil nur zehn Prozent der Einwohner sauberes Wasser trinken, wie es in dem Bericht heißt. Im Trinkwasser fanden die Wissenschaftler eine hohe Konzentration von Kolibakterien. In der Stadt Herat sind von 150 Trinkwasseranlagen nur 15 in Betrieb. 60 Prozent des Wassers geht durch defekte Leitungen verloren.

Krankenhäuser deponieren ihren Müll – darunter menschliche Organe und Spritzen – in den Gassen. In Industrieanlagen, ob Ölraffinerien, Ziegel- oder Batteriefabriken, gibt es keine Sicherheitsvorkehrungen. In einer Schuhfabrik der Hauptstadt fanden die Wissenschaftler Kinder den giftigen Dämpfen schutzlos ausgeliefert – und das bei Arbeitszeiten von zwölf Stunden täglich. Die Kinder schliefen bei den Maschinen oder in Verschlägen in der Fabrik.

Auch auf dem Land ist die Lage katastrophal. In der Umgebung von Berg- und Wüstendörfern sind die Wälder weitgehend abgeholzt, die Bewässerungssysteme sind in Folge sinkender Grundwasserspiegel ausgetrocknet, die Böden verdorrt und mit Pestiziden verseucht. Die Landwirtschaft sei für Generationen beeinträchtigt, heißt es in dem Unep-Bericht. Verschärft wird die Situation durch die Rückkehr der Flüchtlinge. Im vergangenen Jahr kamen zwei Millionen Afghanen in ihre Heimat zurück, in diesem Jahr rechnen die UN-Experten mit 1,5 Millionen Heimkehrern aus Pakistan, Iran oder anderen Nachbarländern.

Der afghanische Bewässerungs- und Umweltminister Jusuf Nurstani sagte, der UN-Bericht biete eine „Blaupause für die Genesung des Landes“. Allerdings seien dazu viel Hilfe und Investitionen aus dem Ausland erforderlich, weit mehr als die zugesagten 4,5 Milliarden Dollar (4,16 Milliarden Euro). Der Bericht warne vor einer Zukunft ohne Wasser und saubere Luft.