berliner szenen Freundliche Helfer

Haci betet

Wer 150 Umzugskisten voller Bücher, Platten und CDs hat, der muss es sich auch leisten können, professionelle Hilfe anzuheuern. In der Anzeige steht: drei Männer, drei Stunden und Lkw 150 Euro, jede weitere Stunde 50 Euro. Da schlagen wir zu. Am großen Tag stehen vier türkische Männer vor der Tür. Sie erklären uns, für vier Stockwerke brauche man auch vier Männer und außerdem sei es doch egal, ob wir für ein paar Stunden mehr zahlen oder für einen zusätzlichen Mann. Das leuchtet ein. Schon nach den ersten Kisten kommt die Frage, wann denn unsere Bekannten kämen. Allein werden sie es nicht schaffen, sagen sie. Wir beruhigen sie, denn die ersten verschlafenen Freunde trudeln schon ein.

Einer der türkischen Helfer heißt Haci, ausgesprochen Hadschi. Er ist noch jung, trägt einen langen Bart und ein gehäkeltes Käppchen und scheint das Nesthäkchen, das Sorgenkind in der Gruppe zu sein. Immer wieder zeigen sie ihm, wie er das Sofa besser halten kann und dass er seinem Kollegen den Kühlschrank auf den Buckel wuchten soll, damit er selbst nicht mittragen muss. Irgendwann schließt sich Haci im Bad ein und kommt lange nicht mehr raus. Später fragt er mich sehr freundlich, ob ich einen Lappen habe. Das Bad steht unter Wasser. Es hat seine erste rituelle Waschung erlebt. Dann fragt Haci mich, ob es einen Raum gebe, wo er mal kurz beten könne. Auch in diesem Zimmer verschwindet Haci lang.

Später haben wir noch viel Spaß, als Haci den Lkw zur neuen Wohnung fährt und ich als Einzige vorne mitdarf, um den Weg zu weisen. Die anderen müssen sich zwischen die Möbel klemmen. Haci legt sich extra in die Kurven und bremst schön scharf, damit die hinten auch was zu lachen haben. SUSANNE MESSMER