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Archiv-Artikel

Der radikal beschleunigte Rennradler

Erst 27 Jahre alt ist Stefan Schumacher – und schon Vergangenheit. Der Mann mit dem Grungebart und dem kahlrasierten Schädel gehörte nie zu den absoluten Hoffnungsträgern des deutschen Radsports. Er ist kein Rundfahrer. Für das durch Jan Ullrich konditionierte breite Radsportpublikum spielte er deshalb eine eher untergeordnete Rolle. Wer die Tour nicht gewinnen kann, reißt den Fernsehkonsumenten nicht aus den Polstern. Weil seine Profikarriere mit Merkwürdigkeiten gespickt war, taugte er auch nicht als Pionier der Erneuerung.

Bereits 2005 wurde er auf das Stimulans Cathin getestet. Zu seinem Glück fand sich im Nachhinein eine Genehmigung des niederländischen Verbandes, er wurde freigesprochen. Ein Gschmäckle blieb an dem Arztsohn haften, weil nicht der Teamarzt, sondern die Mutter den Papierkram erledigte.

Am Rande des Startverbots bewegte er sich bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart 2007. Einige seiner Blutwerte überschritten die Limits. Der Radsportverband UCI zauberte einen Paragrafen herbei, der eine Schutzsperre erst nach Überschreitung von zwei der drei Blutwerte nach sich zieht. Experten wie das Exmitglied der Antidopingkommission des BDR, Fritz Sörgel, verdächtigten Schumacher, sich bewusst an die Grenzen herangedopt zu haben. Schumacher setzte eine Unterlassungsklage gegen Sörgel durch. Und Gerolsteiner-Boss Hans-Michael Holczer engagierte seinerseits Experten. „Sie haben mir versichert, dass man anhand der Blutwerte ausschließen konnte, dass Schumacher in der Zeitspanne der letzten 21 Tage manipuliert hatte“, sagt er heute. Der BDR übernahm die Version und bejubelte WM-Bronze.

Kurz danach wurde Schumacher mit Amphetaminen im Blut erwischt. An einer Dopingsperre schrappte er vorbei, weil die Saison schon beendet war. Das Stimulans, als Dopingmittel gelistet, galt in der wettkampffreien Zeit als Privatvergnügen. Weil Schumacher im Sattel aber ein ebenso ausgebuffter Mann war wie im Vermeiden von Dopingsperren, reifte er zu einem Protagonisten der Szene heran. Er gewann zwei Etappen bei Giro d’Italia und Tour de France und eroberte die Führungstrikots. 2007 entschied er das Amstel Gold Race und war in der Gesamtwertung von Bayern- und Polenrundfahrt erfolgreich. Diese Meriten geraten nun in den Verdacht, unehrlich erworben zu sein. Trotz der Dopingskandale brachte sich Schumacher zur Tour de France 2008 mit dem Epo-Mittel Cera in Form. Das ergab ein nachträglicher Bluttest. Mit Schumacher ist ein notorischer Sportbetrüger aus dem Rennen genommen worden.

TOM MUSTROPH

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