: Engpass auf dem Kleiderbügel
EU verweigert Milliardenzuschuss für Fehmarnbelt-Brücke, wenn die alte Fehmarnsund-Brücke nicht ausgebaut wird. Dafür aber hat die Bundesrepublik kein Geld. Heute debattiert der Kieler Landtag
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Es sei „nur noch eine bekloppte Idee“, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) im Frühjahr und meinte damit den Plan für den Brückenschlag über den Fehmarnbelt nach Dänemark. Doch alles ist noch zu steigern: Heute diskutiert der schleswig-holsteinische Landtag sogar über den Bau einer zweiten Brücke über den Fehmarnsund zwischen der Insel und dem Festland. Die aber könnte den Blick beeinträchtigen auf die 1963 errichtete Fehmarnsundbrücke, die unter Denkmalschutz steht. Und deshalb ist selbst eine unterirdische Lösung im Gespräch – ein Tunnel.
Es geht um einen „Projekt- und Finanzierungsplan für die Hinterlandanbindung“ der Fehmarnbelt-Querung, den die FDP im Kieler Parlament fordert. Denn bislang besteht das Projekt nur auf dem Papier. In einem Staatsvertrag, den Dänemark und Deutschland am 3. September unterzeichnet haben, wird der grundsätzliche Wille zum Bau der 20 Kilometer langen Brücke zwischen den Inseln Fehmarn und Lolland bekundet. Die Fehmarnsundbrücke mit ihren zwei Fahrspuren und einem Bahngleis aber wird ausgeklammert. Diese 963 Meter lange Brücke würde zum Nadelöhr, sollte die mindestens 5,6 Milliarden Euro teure Betontrasse durch die Ostsee Realität werden. Der Dauerstau auf der Urlaubsinsel Fehmarn wäre kaum zu verhindern.
Die oppositionellen Grünen und SSW halten dies für eine weiteres gutes Argument gegen „das ökologische und ökonomische Wahnsinnsprojekt“, das sie seit Jahren konsequent ablehnen. Die FDP ist im Grundsatz ebenso für den Brückenschlag über den Fehmarnbelt wie die schwarz-rote Koalition. Doch der Engpass auf dem „Kleiderbügel“, wie die Sundbrücke wegen ihrer charakteristischen Stahlbögen im Volksmund genannt wird, droht die Umsetzung der Pläne zu vereiteln: Es fehlt am Geld.
Laut Staatsvertrag übernimmt Dänemark die gesamten Baukosten und erhält dafür über Jahre hinweg die Mauteinnahmen zur Refinanzierung. In den 5,6 Milliarden Euro enthalten ist ein Zuschuss der EU von bis zu 30 Prozent. Der Bund, die Deutsche Bahn und das Land Schleswig-Holstein stehen lediglich mit etwa 840 Millionen Euro für Verkehrswege im Hinterland ein: den Ausbau der eingleisigen Bahnstrecke von Lübeck und die Verlängerung der Autobahn 1 als vierspurige E 47 zum jetzigen Fährhafen Puttgarden.
Signale aus Brüssel deuten nun darauf hin, dass die EU ihren Zuschuss von bis zu 1,6 Milliarden Euro lieber woanders in Europa verbuddeln lässt, wenn das programmierte Verkehrschaos auf dem Fehmarnsund nicht vermieden wird. Und dafür gäbe es zwei Varianten: eine zweite Brücke für etwa 100 Millionen Euro oder ein zweispuriger Tunnel für die etwa dreifache Summe. Die Finanzierung jedoch steht in den Sternen, denn weder Bund noch Bahn haben Bereitschaft angedeutet, dafür Geld auszugeben.
Der Staatsvertrag, dem der Bundestag noch zustimmen muss, enthält zudem eine Ausstiegsklausel, falls bei den Verbindungen im Hinterland „wesentliche Kostensteigerungen“ eintreten sollten. Mithin haben die Brückenfans in Kiel ein Problem: Geldforderungen für den Sund könnten in Berlin die Kritiker um Umweltminister Gabriel stärken; ohne Lösung für den Sund aber ist der Scheck aus Brüssel in Gefahr. Sowas nennt der Volksmund Zwickmühle.