Jukebox

Von den Äpfeln, die nicht weit vom Stamm fallen

Vielleicht hat man bei der heute in den letzten Zügen liegenden Popkomm ja auch die Zukunft des Rock gesehen, irgendwo auf einer der vielen Bühnen. Bei der City-Slang-Nacht am Mittwoch im Postbahnhof jedenfalls gab es in einer Pause ein paar frühe Lieder der Beatles zu hören, solche Sachen wie „A Hard Day’s Night“ und „I Feel Fine“. Man sah glückliche Gesichter, und nicht wenige tanzten, was doch schon was ist, auch wenn es sich hierbei vielleicht um einen besonders perfiden Angriff der Vergangenheit auf die Gegenwart handelte oder möglicherweise doch nur um ein Traditionsbewusstsein in einer Branche, wo das Geschäft wie sonst wo auch vom Vater an den Sohn weitergereicht wird.

Das war schon früher so in der Musik: Bei den Bachs blieb der Vater Johann Sebastian etwas prominenter als seine Söhne, und im Hause Mozart legte Sohn Wolfgang Amadeus gegenüber Vater Leopold an Ruhm zu. Einige Vater-Sohn-Beispiele im Pop: die Beatles zuerst. Zak, der Sohn von Ringo Starr, trommelt wie sein Vater (technisch eher besser), und Julian und Sean, die Söhne von John Lennon, laufen wenigstens im Mittelfeld des Popgeschäfts mit. Und die besten Zartbitterliedermacher ihrer Generation: Vater Tim, Sohn Jeff. Buckley. Beide starben jung. Rufus Wainwright ist der Sohn von Loudon Wainwright III. Strokes-Gitarrist Albert Hammond Junior ist der Sohn von Albert Hammond („The Free Electric Band“), um nur mal ein paar Namen zu nennen. Denn eigentlich hat man – so als These formuliert – das Vater-Sohn-Ding im Popgeschäft gar nicht so gern. Das hat damit zu tun, dass man sich Pop am liebsten wie die chinesische Kulturrevolution vorstellt, mit radikalen Schnitten und immer neu. Jeder Song ein unmittelbarer und voraussetzungsloser Wumms, mit dem man am besten noch seine Eltern schockieren kann. Dabei sind solche Fleisch gewordenen Gegenbeweise, dass eben überall und auch im Pop der Zopf aus Traditionen wächst, eher lästig.

Der Dissens: „Ich will nicht werden was mein Alter ist, nee“, schrie Rio Reiser mit Ton Steine Scherben. Aus dieser Haltung heraus sind ja nicht wenige Bäckereien und Schlachterbetriebe hier eingeknickt, weil die Herren Söhne einfach keine Lust hatten, das Geschäft der Väter fortzuführen. „Doch mein Alter sagt: Du musst arbeiten, du musst schuften so wie ich“, geht es weiter im Text. Was soll man da schon machen. Am Samstag singt Jakob Dylan im Kesselhaus der Kulturbrauerei. Auch er ein Sohn. Der Sohn von Bob. THOMAS MAUCH