ortstermin: „sazl“, das sonderabfall-zwischenlager der uni bremen, wird zehn
: Umfassendes Leuchten für den Unimüll

Die Zukunft im Wissenschaftsbetrieb gehört der Exzellenz und den Leuchttürmen. Klug beraten ist daher, wer beizeiten klar macht, dazu zu gehören. Ein runder Geburtstag ist da ein passender Anlass – selbst dann, wenn es sich nur um ein kleines Zwischenlager für Sondermüll handelt, das sich seines zehnjährigen Bestehens erfreut.

Nur Gedankenlose kann überraschen, dass Forschung und Müll zwei Seiten derselben Medaille sind. Das Personal der Forscherelite an der Fast-Exzellenz-Uni Bremen, all die Verfahrenstechniker, Neurobiologen und Molekularchemiker, fabrizieren einen derartigen Unrat, dass es eine Wissenschaft für sich ist, diesen fachgerecht seiner Entsorgung zuzuführen: Quecksilber und Säuren, kaputte Computermäuse und Makakenkadaver, Fixierlösungen oder Gasreste, um nur die Oberfläche des Problems zu streifen.

Jedes Jahr türmen sich 230 Tonnen solchen Auswurfs. 1998 begann man im „Sonderabfall-Zwischenlager“ (SAZL), am Nordflügel des Chemiegebäudes, all die Gefahrenstoffe zu sammeln. Zertifiziert nach EU- und ISO-Normen lagert nun etwa „Tetenal Superfix Plus“ in Kanistern, Tonnen und Körben, und einiges ist gar eingeschlossen in weißen Containern, die mit ihren Lüftungsklappen und Sicherungskästen aussehen wie die Krankenstation einer Polarforschungseinrichtung.

Heute bieten hier freundliche Damen Orangensaft an und Sekt der Marke „Flirt“ mit einem auf das Etikett gedruckten roten Kussmund, und auch der Senator für Umwelt ist gekommen. Im Hof, neben einem Drucktank voll „Argon flüssig“, steht ein Zelt, wie Leute es aufbauen lassen, die im Garten ihrer Schwiegereltern Hochzeit feiern. „Es sind ja richtig viele Leute da,“ sagt der Senator für Umwelt, und da hat er Recht. Das Zelt ist voll, viele Gäste müssen stehen.

Ein emeritierter Bio-Organiker und vielfacher Ehrendoktor tritt ans Mikrofon, und es ist ihm ein Anliegen zu vermitteln, das hier Großes geleistet wurde: „Das Sonderabfallzwischenlager: Ein Leuchtturm auf dem Weg in eine nachhaltige Universität“, so heißt sein Vortrag. „Wir sind vorangegangen,“ sagt er, mit neuen Stoffmanagementsystemen und innovativen Angeboten für Schulen und Behörden. „Keine zehn Unis“ seien seither nachgezogen, ähnlich vorbildlich mit ihrem Sondermüll umzugehen.

Doch diese Innovationsführerschaft gelang nicht irgendwie, sondern in einer SAZL-schen Trialektik, die der Professor wie folgt erläutert: „Schritt 1: Leuchttüme setzen“ – das war die Gründung, „Schritt 2: Leuchttürme ausweiten“ – das war die Zertifizierung, „Schritt 3: Umfassendes Leuchten“ – das ist die Ordnung im Sondermülleimer auch für die Zukunft.

Dann kommt ein Transporter auf den Hof gefahren, auf dessen Flanke die Bremer Entsorgungsbetriebe eine erlebnispädagogische „Tour de Müll“ bewerben, und einige Angehörige des akademischen Mittelbaus laden Laugenbrötchen und zweierlei Suppe aus. Gäbe es einen Exzellenzwettbewerb für Sonderabfall, dann wäre das SAZL wohl ein würdiger Preisträger. Einstweilen feiert es sich eben selbst. CHRISTIAN JAKOB