: Kein Mord für die Mode, bitte!
„Offensive gegen die Pelzindustrie“ sagt Händlern von Nerz und Co Kampf an: Peek & Cloppenburg wehrt sich, Karstadt und C & A bereits ausgestiegen. Für die Mode sterben pro Jahr 50 Millionen Tiere weltweit. Branche gesund. Demo am 22. Februar
von VOLKER STAHL
Der Pelzbranche geht es an den Kragen: Nach Karstadt und C&A wird die Modekette Peek & Cloppenburg (P & C) von Tierrechtlern wegen des Verkaufs von Nerzmänteln attackiert. Die „Offensive gegen die Pelzindustrie“, ein bundesweites Netzwerk von Tierschützern, macht mobil gegen die Verkäufer von Nerz und Zobel.
„Kein Mord für die Mode“ und „Pelzhandel ist Todeshandel“, skandieren 30 Aktivisten der Offensive. Sie sind auf das Dach der P & C-Filiale in Dortmund gestiegen, um auf das „unendliche Leid“ von Füchsen, Nerzen und Kaninchen aufmerksam zu machen. Kunstblut fließt in Rinnsalen über den Gehweg. Eine Demonstrantin im blutgetränkten Pelzmantel steigt in die Schaufensterdeko, pappt Bilder von enthäuteten Tieren an die Scheiben. Nach knapp einer halben Stunde ist der Spuk vorbei. Die Polizei nimmt 17 Personen fest.
Das war kurz vor Weihnachten – und es war der spektakuläre Beginn der Kampagne gegen P & C. Seitdem standen die Pelzgegner in rund 20 Städten vor den Türen der Modehäuser – von Hamburg bis München. Und sie werden es weiter tun: Für den 22. Februar ruft die Offensive zu einer bundesweiten Demonstration in Berlin auf. Mit ihrer Hartnäckigkeit hatten die Tierrechtler in den letzten drei Jahren bereits die Konkurrenz mürbe gemacht. Karstadt und C & A stiegen aus dem Pelzhandel aus, weil sie die monatelangen Dauerkundgebungen vor den Filialen und die konzertierten Attacken der Tierfreunde leid waren.
Bei P&C liegen schon wenige Wochen nach Kampagnenstart die Nerven blank. Während unter den Mitarbeitern der Pelzprotest Dauerthema ist, schweigt sich die Düsseldorfer Unternehmensführung aus. Presseanfragen werden knapp mit „kein Kommentar“ abgespeist. Aus dem Firmensitz in Hamburg heißt es immerhin: „Temporären modischen Elementen“ wie Kragenfütterungen aus Pelz werde man sich nicht verschließen, „solange unsere geschätzte Kundschaft das wünscht“. An „gesellschaftspolitischen Diskussionen“ werde man sich nicht beteiligen.
Der Protest gegen Pelz hat in Deutschland Tradition. Mitte der 80er-Jahre setzten autonome Tierschutzkommandos mit Fantasienamen wie „Zornige Zobel“ oder „Wütende Skunks“ der Branche heftig zu. Auf Pelzabteilungen von Warenhäusern wurden Buttersäureanschläge verübt, in Verkaufsräumen Mäntel aufgeschlitzt, Schaufensterscheiben von Kürschner-Betrieben gingen zu Bruch.
Über 50 Millionen Tiere lassen nach Angaben der Tierrechtler weltweit für die Mode ihr Leben. „Für die Herstellung eines einzigen Nerzmantels müssen 60 Individuen ihr Leben lassen“, lautet die blutige Rechnung von Kampagnensprecher André Krebber. Nerze, deren Element eigentlich das Wasser ist, fristen ihr Dasein auf einer Käfigfläche von 0,27 Quadratmetern. Dort leben sie sieben Monate, dann werden sie grausam getötet. „Oft sind die Tiere nur betäubt und werden lebendig gehäutet“, schildert Krebber die schaurige Praxis in den Farmen, von denen es in Deutschland rund 40 gibt.
Doch das flauschige Bekleidungsstück erlebt eine Renaissance. Susanne Kolb vom Deutschen Pelz-Institut (DPI): „Der Hedonismus ist wieder im Kommen, die Zeit des schlechten Gewissens ist vorbei. Frau trägt wieder Pelz.“ Die drastischen Umsatzeinbrüche der Branche sind vergessen. Laut Statistischem Bundesamt machte sie im Geschäftsjahr 2001 ein Plus von mehr als vier Prozent. Volumen: rund eine Milliarde Euro. Zahlen für 2002 liegen noch nicht vor. Nach Angaben des DPI haben in der Bundesrepublik 14.000 Boutiquen und 1.200 Kürschnerfachgeschäfte die so genannten Rauchwaren im Angebot. „Erst einmal wollen wir Peek & Cloppenburg das blutige Geschäft vermiesen, dann nehmen wir die Kürschner ins Visier“, erklärt Offensive-Sprecher Krebber.