Staat im Staate gegründet

Martti Ahtisaari hat mit seinem Plan für ein unabhängiges Kosovo nicht viel zum Frieden beigetragen. Er hat extremen nationalistischen Forderungen entsprochen

SARAJEVO taz ■ Würde man die Bemühungen und Verhandlungen von Martti Ahtisaari auf dem Balkan isoliert betrachten, käme er eigentlich nicht für den Friedensnobelpreis infrage. Denn dem finnischen Diplomaten ist es keineswegs gelungen, eine alle Seiten befriedigende politische Lösung für das Kosovo zu schaffen, wie es jetzt offenbar die Meinung des Nobelpreiskomitees ist. Der 2006 und 2007 im Namen der UN von ihm verhandelte Plan für eine „von der EU kontrollierte begrenzte Unabhängigkeit des Kosovo“ ist von serbischer Seite nie unterzeichnet worden und ist damit also eigentlich hinfällig. Ein erfahrener Balkankenner wie der langjährige Chef des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, Erhard Busek, steht nicht allein, wenn er schon vor Jahresfrist erklärte, es sei widersinnig, den Ahtisaari-Plan einseitig umsetzen zu wollen.

Die Außenpolitiker in Brüssel unter Javier Solana und in den Hauptstädten der wichtigsten Staaten Europas sind offenbar anderer Meinung. Die kosovo-albanische Seite wurde von der EU unter starken diplomatischen Druck gesetzt, einseitig den Ahtisaari-Plan anzuerkennen. Und die EU-Mission im Kosovo, die nach dem Ahtisaari-Plan jene der UN ablösen soll, hat die Aufgabe, die Umsetzung des Plans zu überwachen. Alles dies ist ja vor Ort höchst umstritten.

In dem Plan sind viele Privilegien für die serbische Minderheit enthalten, die nicht für die anderen Minderheiten der Roma, Türken, Gorani und Bosniaken gelten, also eine privilegierte Minderheit im Kosovo schaffen. Die serbischen Gemeinden im Kosovo haben nicht nur das Recht auf Selbstverwaltung, sondern auch auf direkte Beziehungen zu Serbien selbst. Damit wird ein Staat im Staate gegründet. In dem Bemühen, der damaligen nationalistischen Regierung in Belgrad entgegenzukommen, hat Ahtisaari sogar die ethnische Trennung noch funktionierender mulitethnischer Gemeinden erzwungen. Er steht also auch für die Akzeptierung extremer nationalistischer Forderungen auf dem Balkan durch die internationale Diplomatie.

Dass so ein Mann jetzt den Friedensnobelpreis erhält, spricht nicht gerade für eine kritische Position des Nobelpreiskomitees. Die serbische Führung und Moskau lehnen den Plan weiterhin ab – von russischer Seite kam auch prompt Kritik an der Verleihung des Preises an Ahitsaari. Auch die albanische Bevölkerung im Kosovo geht immer mehr auf Distanz zu dem Plan. Ahtisaari hat mit ihm nicht gerade viel zum Frieden beigetragen. ERICH RATHFELDER