Katz und Maus mit der Abwehr

Da stört nicht mal das marode Spielfeld: Mit einem jungen und entsprechend agilen Kader schlagen die Fußballerinnen des Hamburger SV in der Bundesliga den SC 07 Bad Neuenahr

VON ROGER REPPLINGER

Auf dem Rasen liegen gelbe Blätter, aber in der zweiten Halbzeit scheint sogar die Sonne. Unter den Zuschauern viele Mädchen, die auf der Tribüne Fangen spielen. Große Einkaufskörbe, darin Thermoskanne, Kuchen, Kekse, Brot und Gummibärchen – was man halt so braucht an einem Sonntagnachmittag. Entspannte Atmosphäre auf dem Wolfgang-Meyer-Sportplatz in Stellingen. Hier haben die HSV-Frauen gestern vor 500 begeisterten ZuschauerInnen ihr Spiel der Fußball-Bundesliga gewonnen – 9 : 2. Im Publikum: Ulrike Ballweg, im Hamburger Fußballverband für Frauenfußball zuständig, ansonsten Assistenztrainerin von Bundestrainerin Sylvia Neid.

Der Hamburger SV hat mit dem Frauen-Fußball etwas vor, hier werden unerschlossene Potenziale vermutet. Seit 1. Juli 2008 gibt es einen Projektleiter „Frauen-Fußball“, Stephan Hildebrandt. Er geht davon aus, „dass wir den Frauen-Fußball mittelfristig als eine feste Größe etablieren können“. Hildebrandt denkt vor allem an die Frauen-WM 2011 in Deutschland. In der vergangenen Saison kämpften die HSV-Frauen bis zum letzten Spieltag gegen den Abstieg, in dieser Saison stehen sie im Mittelfeld. Meisterschaftsfavoriten sind der 1. FFC Frankfurt, Turbine Potsdam, FCR Duisburg und Bayern München.

Schon in der 3. Minute erfolgte am Sonntag nun das 1 : 0 durch HSV-Kapitän Tanja Vreden, auf ein Zuspiel von Silva Lone Salaender. Da hatte Neuenahrs Keeperin Ursula Holl, die Nummer zwei im Tor der deutschen Nationalmannschaft, keine Chance. Von den beiden anderen Neuenahrer Nationalspielerinnen – Lena Gössling und Isabell Bachor im Mittelfeld – war wenig zu sehen.

Die junge Hamburger Mannschaft, mit der 18-jährigen Kim Kulig im Sturm und fünf Schülerinnen sowie vier Studentinnen im Kader, spielte altersgerecht: offensiv, schnell, laufstark. Da muss Trainer Achim Feifel, 44, Spieler unter anderem beim FC Tailfingen und bis 2005 Trainer beim Württembergischen Fußballverband, eher bremsen.

Die HSV-Innenverteidigung mit Aferdita Kameraj, die nach zwei Spielzeiten aus Potsdam zurückkam, und Denise Lehmann, stand als Ersatz der verletzten Janina Haye und Heike Freese sicher. In der 29. Minute klingelte es dann erneut: Flanke von Salaender, schulmäßiger Kopfball der 180 Zentimeter großen Kim Kulig, die im vorläufigen WM-Kader der U 20-WM in Chile ist. Auch das 3 : 0 machte vier Minuten später Kulig, diesmal eingeleitet von Patricia Hanebeck.

HSV-Co-Trainer Javier Navarro sah „keinen Grund in der zweiten Halbzeit zu wechseln“, forderte „schnell ein viertes Tor“. Das kam wie bestellt in der 48. Minute durch Salaender. Und dann zauberte der HSV ein 5 : 0 auf den Platz: Am Ende war es Vreden, die den Ball ins Netz setzte.

Das Netz ist heil geblieben, aber der Platz insgesamt nicht eben in bestem Zustand: Als Salaender bei einer Ecke den Ball ein kleines Stück vor den Eckkreis legt, monierte Schiedsrichterin Christine Beck (Magstadt) das. „Aber der Eckkreis ist kaputt“, protestierte Salaender. – „Kann ich doch nichts für, dass ihr so einen miesen Platz habt!“

In der 53. Minute, gegen eine nun etwas sorglose HSV-Abwehr, machte Mirvet Arabaci den Ehrentreffer für Neuenahr. In der 61. Minute erzielte Lena Gössling das 2 : 5. Alle Neuenahrer Hoffnungen, das Spiel noch zu kippen, zerstörte aber Tanja Vreden, die mit der SC-Abwehr – einschließlich Torwart – Katz und Maus spielte und zum 6 : 2 ins leere Tor einschob. Salaender erhöhte auf 7 : 2, das 8 : 2 aus stark abseitsverdächtiger Position kam durch Patzke. Dann gingen Kulig und Vreden, dafür kamen Tugba Tekal und Daniela Schacher kamen. Letztere machte in der 83. Minute mit dem 9 : 2 ihr erstes Bundesligator überhaupt.