„Recht auf Lüge“

Arbeitsgericht stärkt Rechte von schwangeren Frauen: Schwangerschaft darf in jedem Fall verschwiegen werden

ERFURT/LEIPZIG dpa ■ Frauen, die bei einem Einstellungsgespräch nach einer Schwangerschaft gefragt werden, dürfen dabei grundsätzlich lügen. Das gilt selbst dann, wenn sie auf der Stelle, für die sie sich bewerben, als Schwangere gar nicht beschäftigt werden dürfen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) gestern in Erfurt. Das höchste deutsche Arbeitsgericht folgte damit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und änderte seine bisherige Rechtsprechung. Danach musste eine Schwangerschaft bisher bei bestimmten Beschäftigungen angegeben werden, etwa bei einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung.

Nach dem Urteil ist eine Leipzigerin in einer Wäscherei einzustellen. Dies hatte das Unternehmen mit seiner Revision vor dem BAG zu verhindern versucht. Es warf der Frau arglistige Täuschung vor, weil sie ihre Schwangerschaft verschwiegen hatte, und sah den unbefristeten Arbeitsvertrag als nichtig an.

Nach Auffassung der Erfurter Richter ist das Verschweigen der Schwangerschaft nicht als arglistige Täuschung zu werten, weil die Frage nach der Schwangerschaft unzulässig ist. Sie stelle eine verbotene Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Dies gelte auch für den Fall, dass die Tätigkeit während der Schwangerschaft wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes zunächst nicht ausgeübt werden könne. Das Hindernis sei in diesen Fällen vorübergehender Natur und führe nicht zu einer dauerhaften Störung des Vertragsverhältnisses.