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Archiv-Artikel

Bush verlangt UN-Freigabe für Krieg

Mit der Ankündigung, das Spiel sei aus, sichert sich US-Präsident Bush nach seinem Außenminister Powell zu Hause weitere Zustimmung für einen Krieg gegen Irak. Offen bleibt die Frage, wie und ob sich die USA nach einem Sturz Saddams engagieren

aus Washington MICHAEL STRECK

Die US-Regierung erhöht den Druck auf zaudernde Staaten im UN-Sicherheitsrat. Während die Welt noch über die detaillierte Anklage des US-Außenministers gegen die Täuschungsmanöver des Irak reflektierte, legte Präsident George W. Bush in einer überraschenden Pressekonferenz am Donnerstag unmissverständlich nach. „Das Spiel ist aus“, sagte er mit Blick auf den irakischen Diktator Saddam Hussein. Die UNO riskiere, bedeutungslos zu werden, wenn sie den Irak nicht ultimativ zur Abrüstung zwinge. Die USA würden hierzu eine zweite UN-Resolution unterstützen.

Damit tritt die Irakkrise in die entscheidende Phase, bevor die Inspektoren am 14. Februar dem UN-Sicherheitsrat erneut ihren Bericht über die Kooperation des Irak vorlegen. Es gibt kaum noch Zweifel, dass die US-Regierung die Entscheidung für eine Invasion getroffen hat. Die Frage ist nur: Bekommt sie dafür den Segen der Weltgemeinschaft oder wird sie mit einer „Koalition der Willigen“ handeln. Nur noch ein Attentat auf Hussein, dessen Gang ins Exil oder ein umfassendes Einlenken in Bagdad können den Krieg verhindern.

Nicht zuletzt deutet die Preisgabe von Geheimdienstquellen während der Beweisführung von Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat am vergangenen Mittwoch darauf hin, dass Pentagon und CIA glauben, auf diese bald nicht mehr angewiesen zu sein, wenn der Diktator in Bagdad gestürzt ist.

In den USA hat die Rede von Powell eine Trendwende gebracht. „Es war vielleicht die beste Präsentationen, die er je gegeben hat“, sagt David Kay vom Potomac Institute for Foreign Policy und ehemaliger UN-Waffeninspektor. Sie entfaltete ihre Wirkung mehr durch die Person, als durch den Inhalt. Powell verzichtete auf jedes apokalyptische Gerede, den Kampf zwischen Gut und Böse. Stattdessen bot er eine nüchterne und faktenreiche Auflistung des irakischen Betrugs.

Auch wenn die vorgelegten Belege Raum für Interpretation lassen, glauben US-Experten an die Echtheit der Informationen. „Powell würde unter keinen Umständen falsche Angaben machen“, sagt Jonathan Tucker vom Monterey Institute of International Studies. Es gebe keinen Zweifel, dass Hussein chemische und biologische Waffenkomponenten versteckt.

In den US-Medien wurde Powells Anklageschrift zum Teil euphorisch gelobt. In der Washington Post fanden sich gleich vier Autoren, die ins Lager der Kriegsbefürworter wechselten. „Der Zeitpunkt zum Handeln ist gekommen“, so der Tenor. Auch die New York Times erkannte die Beweisführung gegen Bagdad als überzeugend an und forderte ein aggressives Vorgehen. Dennoch: „Die USA könnten es sich nicht leisten, gegen den Irak ohne breite internationale Unterstützung militärisch vorzugehen.“

Wenn selbst beinharte Kriegsgegner und Bush-Kritiker wie die demokratische Senatorin Dianne Feinstein aus Kalifornien nach der Rede Powells den Einsatz von Gewalt nicht mehr ausschließen, zeichnet sich ein Stimmungswandel ab. Mit seinem Drängen auf eine zweite UN-Resolution, hat Bush am Donnerstag zudem eine Forderung der Demokraten erfüllt. Auch die skeptische Haltung in der Bevölkerung weicht einer wachsenden Zustimmung zu einem Krieg.

Doch auch die Auftritte von Powell und Bush können über ein massives Defizit nicht hinweg täuschen: Es ist der US-Regierung bislang nicht gelungen, die Öffentlichkeit von einem Langzeitengagement nach dem Sturz Husseins zu überzeugen. „The day after“ ist das große Fragezeichen. Sind die USA ernsthaft zum Wiederaufbau und zu einer langfristigen Stabilisierung des Irak bereit?

„Viele Pläne sind im Weißen Haus weit gereift, nur niemand weiß es“, bemängelt Pollack. Es könnte daher sein, dass diese Woche nur den Auftakt einer Kommunikationsoffensive bildet. Bislang läuft für die Bush-Regierung alles nach Fahrplan, unterstellt man ihre Absicht, Hussein gewaltsam zu beseitigen.

Die einzige Sorge: In den kommenden Tagen wird Saddam Hussein genau so viele Zugeständnisse machen, dass Frankreich und Russland von seiner „Kooperationsbereitschaft“ zu überzeugen sind. Dann entstünde eine Situation, die man hier „Inspektorenfalle“ nennt und vor der die US-Regierung stets gewarnt hat. Ob das Weiße Haus einen Plan B für dieses Szeanrio hat, bleibt abzuwarten.