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Archiv-Artikel

„Aber bitteschön ohne mich“

Unter den Hamburger Neonazistrategen und Idolen Christian Worch und Thomas Wulff ist ein heftiger Machtkampf entbrannt. Mit persöhnlichen Angriffen und dem Aufruf zum Boykott der Aufmärsche vom jeweils anderen

von PETER MÜLLERund ANDREAS SPEIT

In der Neonaziszene ist ein heftiger Machtkampf entbrannt: Während es bislang offiziell nur um die Strategie zwischen dem „Aktionsbüro Norddeutschland“ und dem Ideologen Christian Worch zu gehen schien, führen die Differenzen nun zu persönlichen Abrechnungen untereinander. So ruft Worch dazu auf, einen Nazi-Aufmarsch am 22. Februar in Hamburg gegen den Irak-Krieg zu boykottieren. „Gehe am 22.2. dahin, wer immer möchte, aber bitteschön ohne mich!“ Der Aufmarsch in Bramfeld wird aus dem Umfeld seines alten Weggefährten Thomas Wulff und dessen jungen Mitstreiter Tobias Thiessen vom Aktionsbüro organisiert.

Rückblende: Es ist Nacht in Altona, mitten in den siebziger Jahren. In der Nähe des Lornsenplatzes tauchen plötzlich Menschen mit Fackeln und Fahnen auf. In dem Stadtteil mit vielen linken Wohngemeinschaften, weiß niemand so recht, was los ist. Dann stellt sich heraus: Es ist eine gezielte Provokation der militanten „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ (ANS) um den Neonazi Michael Kühnen. Unter den Marschierenden der junge Christian Worch.

Nach Kühnens Tod wird er zu einem der unumstrittenen Naziführern. Doch jetzt steht er seit Wochen in interner Kritik wegen seines bundesweiten „Demotourismus“ (taz berichtete). Worch erwidert die Kritik in einem eigenen Strategiepapier – und nennt darin auch Namen. Daraufhin lancieren Hamburger Freie Nationalisten in der Szene einen „Ehrenkodex“, in dem sie propagieren, durch „Anonymisierung“ von Personen und Strukturen den „nationalen Widerstand“ zu schützen. Sonst „liefern (wir) Staat und Antifa den Strick, an dem sie uns aufhängen“.

Der Name Worch fällt nicht, doch dieser fühlt sich angesprochen und greift seinerseits Thiessen an, da er davon ausgeht, dass dieser den Ehrenkodex verbreitet. „Gegen die Anonymisierung“ habe er nichts, erklärt er, nur „wenn sie missbraucht (würde), um Menschen aus dem eigenen politischen Zusammenhängen anzugreifen“, dann hätten die Personen „kein Recht auf Anonymität“.

Und so plaudert Worch denn auch aus, dass Thiessen schon mal durch Aussagen bei der Polizei Kameraden gefährdete und dass er als Redakteur des Naziblattes „Zentralorgan“ mitzuverantworten hätte, dass „Wiederverkäufer gerazzt“ wurden. Thiessen hätte laut Worch auch Lutz Giesen für die Anmeldung des Hamburger Naziaufmarsches am 22. Februar vorgeschoben. Das allein ist für Worch Grund, nicht an dem Aufmarsch teilzunehmen. Denn der vor kurzem nach Hamburg gezogene Berliner Nazikader Giesen, der als Macher des „Radio Germania“ verantwortlich zeichnete und deswegen wegen Volksverhetzung eine einjährige Gefägnisstrafe absaß, würde mit seinen Geldproblemen Kameraden gefährden. „Ein Mann, der auf so unkameradschaftliche Weise handelt, ist nun wirklich nicht geeignet eine politisch wichtige Demonstration zu leiten“, schimpft Worch.