: Wahlerfolg im Quotendschungel
Nach 33 Wahlgängen komplett: Sieben Frauen und elf Männer werden zukünftig beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Recht sprechen, darunter auch der Deutsche Hans-Peter Kaul. Über die Chefanklage wurde noch nicht entschieden
aus New York ANDREAS ZUMACH
Beim neu gegründeten Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) werden sieben Frauen und elf Männer Recht sprechen. Damit liegt der Frauenanteil beim IStGH um ein Vielfaches höher als bei jeder anderen multilateralen Rechtsinstitution. Das ist das Ergebnis einer wesentlich von Nichtregierungsorganisationen (NRO) durchgesetzten Geschlechterquotenregelung, die bislang bei der Besetzung internationaler Posten einmalig ist. Unter den männlichen Richtern ist auch der Deutsche Hans-Peter Kaul, bislang Beauftragter für den IStGH beim Auswärtigen Amt in Berlin.
Die Bestimmung der 18 RichterInnen auf der zweiten Konferenz der bislang 85 Vertragsstaaten des IStGH in New York erforderte 33 Wahlgänge und zog sich über vier Tage bis zum letzten Freitagabend hin. Von den aus aus einem Feld von ursprünglich 43 KandidatInnen (33 Männer, 10 Frauen) gewählten 18 RichterInnen kommen je drei aus den Regionalgruppen Asien und Afrika, vier aus Lateinamerika und der Karibik, eine aus Osteuropa und sieben aus der Gruppe „Westeuropa und andere Staaten“.
Die ursprünglich ebenfalls vorgesehene Wahl des/der Chefanklägers/In für den IStGH wurde mangels einvernehmlicher KandidatInnen auf Ende April verschoben. Zehn der gewählten 18 IStGH-RichterInnen sind Experten im Strafrecht und acht im Völkerrecht. Damit ist die einzig verbindliche Vorgabe des IStGH- Statuts erfüllt, wonach unter den 18 RichterInnen mindestes neun Strafrechts- und sechs Völkerrechtsexperten sein müssen. Lediglich in unverbindlicher Form sieht das Statut auch eine „faire Verteilung“ der 18 Richterposten auf Frauen und Männer vor sowie die „angemessene Berücksichtigung“ aller unter den Vertragsstaaten vertreteten Weltregionen und von unterschiedlichen Rechtstraditionen. Die Wahl der 18 RichterInnen war zwar geheim, doch deutet das Wahlverhalten auf klare Absprachen hin. Nachdem bereits im ersten Wahlgang die Geschlechterquote von mindestens sechs Frauen und zugleich die Regionalquote Afrikas (drei Richterposten) erfüllt war, konzentrierten sich die anderen Regionalgruppen in den Wahlgängen zwei bis vier darauf, durch eine möglichst breite Streuung ihrer Stimmen die Wahl weiterer BewerberInnen zu verhindern, um dann nach Aufhebung der Quoten ab dem fünften Wahlgang durch konzentriertes Stimmverhalten möglichst vielen ihrer eigenen KandidatInnen zum Sieg zu verhelfen. Am erfolgreichsten wandte die Regionalgruppe „Westeuropa und andere“ diese Strategie an. Als Einzige konnte sie mehr als die Hälfte ihrer BewerberInnen durchsetzen: 7 von 12 BewerberInnen wurden gewählt, darunter der geringste Anteil Frauen.
Die 18 RichterInnen werden am 11. März am Sitz des IStGH in Den Haag vereidigt. Je sechs von ihnen werden nach einer durch das Los bestimmten Festlegung drei, sechs oder neun Jahre amtieren. Für den deutschen Richter Kaul bestimmte das Los drei Amtsjahre. Ab 2005 werden dann alle drei Jahre sechs RichterInnen für je neun Jahre neu gewählt.
Für die Wahl des/r IStGH-Chefanklägers/in wurde im letzten September festgelegt, dass KandidatInnen nur im Konsens aller Vertragsstaaten benannt werden können. Auf diese Weise soll die Transparenz des Auswahlverfahrens gewährleistet werden. Doch die lediglich zwei Bewerber, die seitdem benannt wurden, stießen nicht auf Konsens. Offensichtlich wollten die meisten der 85 Vertragsstaaten erst den Ausgang der Richterwahlen abwarten, um ihre dabei eventuell unterlegenen KandidatInnen danach für den Posten des Chefanklägers benennen zu können. Dessen Wahl soll jetzt auf einer Fortsetzung der New Yorker Vertragsstaatenkonferenz vom 21. bis 23. April erfolgen.