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Archiv-Artikel

Notlage führt Autobauer zusammen

Finanz- und Absatzkrise nährt Fusionsabsichten von General Motors und Chrysler

BERLIN taz ■ Angesichts einer schweren Absatzkrise in den USA beraten die Vorstände von General Motors und Chrylser nach Medienberichten über eine mögliche Fusion. Die Fusionsgespräche laufen vor dem Hintergrund hoher Benzinpreise, einer drohenden Rezession und ausbleibender Kredite aufgrund der Finanzkrise.

GM hat nach eigenen Angaben im vergangenen September 15,8 Prozent weniger Autos verkauft als im September 2007. Auch Chrylser berichtet über einen Verkaufseinbruch von 33 Prozent im gleichen Zeitraum. Beide Konzerne haben den Trend hin zu kleineren, spritsparenden Autos verpasst, die inzwischen auch amerikanische Kunden bevorzugen. Zudem senkten sie ihre Kosten nicht schnell genug, als die Erlöse einbrachen.

Die Fusionsgespräche haben an Fahrt aufgenommen, weil General Motors sich in einer prekären Finanzlage befindet. GM verfügt etwa über 21 Milliarden Dollar Bargeld und gibt angeblich eine Milliarden Dollar monatlich aus. In der Vergangenheit konnte GM problemlos Kredite aufnehmen, doch diese Quelle ist aufgrund der Finanzkrise versiegt. Nach Bekanntwerden der Fusionsabsichten hat sich der Börsenkurs von GM inzwischen wieder erholt, nachdem die Angst über eine mögliche Insolvenz des Unternehmens seinen Aktienkurs letzte Woche um beinahe 46 Prozent abstürzen ließ.

Chrysler erscheint als attraktiver Partner für GM, weil der Konzern 11 Milliarden Dollar an Bargeldreserven besitzt, mit denen eine Insolvenz verhindert werden könnte, bis die Geschäftsbedingungen wieder besser sind.

Chryslers Besitzer, die Beteiligungsgesellschaft Cerberus Capital Management, will das Unternehmen offensichtlich verkaufen, weil der hochverschuldete Autobauer sich als zu unflexibel erwiesen hat. Letztes Jahr musste ein Konsortium von Wall-Street-Banken Chrysler 10 Milliarden Dollar leihen, weil es kein Schuldanleihen an den Märkten ausgeben konnte. Strategisch macht eine Fusion nach Ansicht von Analysten allerdings wenig Sinn: Marken und Vertragshändlernetz von Chrysler und GM überlappen sich; die Produktionskapazitäten der beiden Unternehmen sind zusammen zu hoch.

„Chrysler besitzt nichts, was GM nicht schon hat,“ sagte der Betriebsratchef der GM-Tochter Opel, Klaus Franz, dem Handelsblatt. Eine Fusion wäre „eine Katastrophe“.

Verhandlungskreise schätzen die Erfolgschancen der Fusion auf 50 Prozent. Beide Unternehmen sind sich der Risiken und Kosten bewusst. Die Daimler AG zahlte vor zehn Jahren 36 Milliarden Dollar für Chrysler – und verkaufte 80,1 Prozent ihrer Anteile vergangenes Jahr für nur 7,4 Milliarden Dollar an Cerberus. Die Firmen können jetzt zwischen Pech und Schwefel wählen: Eine Fusion könnte katastrophal enden – Untätigkeit aber noch schlimmer kommen.

BRETT NEELY