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Archiv-Artikel

Abkehr vom Wachstumsglauben

Die neue Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ des Wuppertal-Instituts setzt auf die Zivilgesellschaft

BERLIN taz ■ Deutschland ist nicht zukunftsfähig, wenn es weiterhin an Wachstums- und Konsumideologie festhält. Das besagt die neue Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, die das Wuppertal-Institut im Auftrag von BUND, Brot für die Welt und Evangelischem Entwicklungsdienst durchgeführt hat. Vor zwölf Jahren hatte die Vorgängerstudie für viel Aufmerksamkeit gesorgt.

„Es ist notwendig, dass wir wieder radikaler werden“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Bislang führe Naturzerstörung zu Wachstum, dies sei an „Perversität“ nicht zu überbieten.

Cornelia Füllkrug-Weitzel plädierte für eine Abkehr vom Wachstumsglauben. Die Direktorin der evangelischen Entwicklungsorganisation Brot für die Welt forderte, die Industrieländer sollten einen „radikalen Wandel vollziehen: von einer Ökonomie der Maßlosigkeit zu einer Ökonomie des Genug“.

Die Leitmotive der über 600 Seiten dicken Studie stellte Wolfgang Sachs vom Wuppertal-Institut vor: Es gehe um das Solarzeitalter, die Menschenrechte, Selbstbegrenzung und eine sozialökologische Marktwirtschaft. Bislang basiere die Wirtschaft auf der „Lüge, dass man auf Pump leben könnte“. Er forderte mehr staatliche Regulierung und die Zurückerlangung des „Primats der Politik“.

In der Diskussion kritisierte Sven Giegold von Attac, dass quantifizierbare Zielforderungen in der Studie fehlten. In der ersten Studie von 1996 wurden Umweltziele für die Jahre 2010 und 2050 aufgestellt. In der neuen Studie werden diese mit den realen Entwicklungen verglichen. Dies zeige gut, dass zu wenig passiere, so Giegold. Ohne konkrete Maßstäbe sei ein solcher Vergleich in einer weiteren Studie nicht möglich, sagte er. Dass die Forderungen diesmal sehr abstrakt bleiben, sieht Füllkrug-Wietzel gelassen: Sie will eine „gemeinsame Suchbewegung“ anstoßen und in Kirche und Gesellschaft diskutieren, was die Ergebnisse der Studie für jeden Einzelnen bedeuten.

Ihre Hoffnung richtet die Studie auf Einzelpersonen und lokale Initiativen. Im Ausblick heißt es, der „Beitrag der Zivilgesellschaft zur notwendigen Veränderung“ sei „konstitutiv“. Letztendlich liege es aber doch an der Politik, „zum Garant dieses Wandels zu werden.“

FELIX WERDERMANN