Keine Solidarität mit Israel

Betr.: „Öl sparen statt erkämpfen“, taz bremen vom 10. 2.2003

Ich schaute mir den ganzen Demonstrationszug der Bremer Friedensbewegung vom Bürgersteig aus an und suchte und suchte bei den vielen Transparenten nach einem bestimmten Namen und fand ihn gar nicht – den von Saddam Hussein. Dafür fand ich auf Transparenten und in den Parolen George W. Bush und den „Schurkenstaat“ Amerika als die eigentlichen Angeklagten. Nicht Saddam Hussein sei der Aggressor, sondern George W. Bush. Nicht von Bagdad oder Pjöngjang gingen Gefahren aus, sondern ausschließlich von Washington. Zwar kritisierte die Bremer DGB-Vorsitzende Helga Ziegert in einem einzigen Satz ihrer Rede den irakischen Diktator, ansonsten polemisierte sie unentwegt gegen die amerikanische Politik. Bushs Beweggründe dabei seien klar: sein Machthunger, Amerikas brutale Gier nach Öl. Das „Reich des Bösen“ existiert offensichtlich eben auch für viele Deutsche, nur ist es nicht der Irak, sondern es ist Washington. Kein Wort davon, dass Saddam Hussein, den Hans Magnus Enzensberger 1991 in einem Essay treffend als „Hitlers Wiedergänger“ charakterisierte, sich vom Schicksal für auserkoren hält, die Juden mit Stumpf und Stiel auszurotten. In einem Gespräch mit dem deutschen Diplomaten Georg Kahn-Ackermann, den Enzensberger zitierte, prahlte Saddam Hussein 1967 offen damit, dass er Hitlers „Mein Kampf“ für das wichtigste Buch des 20. Jahrhunderts halte und es über weite Strecken auswendig kenne. Hitler sei sein Vorbild. In seiner Schrift „Unser Kampf“ bekannte sich Saddam Hussein zu seinem Lebensziel, eine „Umsiedlung“ der Juden aus Israel in die arabischen Nachbarländer zu erzwingen. Wer mit der Lingua Tertii Imperii vertraut ist, muss eine Gänsehaut bei diesem Begriff bekommen. Vor allem scheinen diese erstaunlich naiven deutschen Friedensfreunde eines überhaupt nicht bemerkt zu haben. Mit ihrer Neigung, sich doch zu Tugendwächtern aufzuwerfen, die als Einzige in diesem Land wissen, was Krieg und Frieden bedeuten, haben sie lediglich unter Beweis gestellt, dass sie immer noch nicht begriffen haben, was zwischen 1933 und 1945 in Deutschland und Europa geschehen ist und welche Konsequenzen heute daraus hätten gezogen werden sollen. Bedenklich stimmen mich dieser hyperemotionale Antiamerikanismus, die völlige innere Beziehungslosigkeit der Rednerinnen und Redner zu Israel, die Überheblichkeit und Ignoranz der Demonstranten gegenüber den wirklichen Gefahren für die Krisenregion.

Martin Rooney, Bremen