: Mietlabors für Europa
In Adlershof entsteht das größte Gründerzentrum Berlin-Brandenburgs. Mit dem neu geschaffenen Euro-Office soll von hier aus nun auch der Austausch von Start-ups in ganz Europa gepflegt werden
von AGNES CIUPERCA
Frankreich und Finnland sind schon weiter. In ihren Gründerzentren in Sophia Antipolis bei Nizza und Otaniemi Science Park in der Nähe von Helsinki können sich seit einem Jahr europäische Start-up-Unternehmen niederlassen und den heimischen Markt auskundschaften. Jetzt hat sich das Gründerzentrum in Berlin-Adlershof dem bestehenden High-Tech-Netzwerk angeschlossen und ein Schnupperbüro gegründet.
„Berlin könnte bald an der Spitze der europäischen Technologieparks stehen, was erneuerbare Energien und Informationstechnologien angeht“, bilanziert Alain André, Geschäftsführer der Betreiberfirma von Sophia Antipolis, euphorisch die Konferenz, auf der sich zu Wochenbeginn in Berlin Vertreter aus neun Gründerregionen getroffen haben, die von der Europäischen Kommission als hervorragend ausgezeichnet wurden. Drei Tage berieten sie, um neue Konzepte für mehr Kommunikation untereinander zu entwickeln. Am Dienstag wurde der Vertrag zur Gründung eines „Euro-Office-Networks“ von den beteiligten Partnern aus Frankreich und Finnland und Deutschland unterschrieben. Turin und Stockholm, zwei weitere der insgesamt 22 Regionen im europaweiten Verbund der High-Tech-Gründerzentren, wollen sich bald anschließen.
Koordiniert wird der internationale Austausch vom Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof (Wista). „Wir wollen den Firmen den Markteintritt in Berlin erleichtern“, sagt Helge Neumann, zuständig für die internationale Kooperation beim Wista. Dabei handelt es sich um Chemieinstitute, Softwareentwicklungsgesellschaften und Medienunternehmen.
Adlershof kann auf eine lange Geschichte als Forschungszentrum zurückblicken. In den 30er-Jahren wurden auf dem riesigen Areal Flugzeuge gebaut, später haben mehr als die Hälfte der Wissenschaftler der DDR hier geforscht. Das DDR-Fernsehen hatte einen großen Teil seiner Studios auf dem Gelände. Heute ist für die Ansiedlung neuer hochtechnologischer Start-ups die Nähe zu wissenschaftlichen Einrichtungen der Humboldt-Universität ausschlaggebend, die bisher die Institute Informatik, Mathematik und Chemie auf dem neuen Campus angesiedelt hat. Andere naturwissenschaftliche Institute sollen folgen. Zwölf weitere außeruniversitäre Forschungszentren sind in Adlershof ansässig, insgesamt umfasst der Standort für Wissenschaft, Wirtschaft und Medien eine Fläche von 420 Hektar.
Optimale Bedingungen für eine europaweite Vernetzung, findet Wista. Für drei Tage soll es den Partnerfirmen künftig möglich sein, in dem so genannten Euro-Office umsonst Büro, Internetzugang und die Infrastruktur des Technologieparks zu nutzen. Danach können die Firmen mit dem Berliner „Business Welcome Package“ drei Monate lang Quartier in der Hauptstadt beziehen und Hilfe bei der Vermittlung von Geschäftspartnern und möglichen Investoren bekommen. Unterstützt wird das Programm von der Wirtschaftsförderung Berlin, die Adlershof zum deutschen Technologiezentrum ausbauen will. „Was Leistungsfähigkeit und Größe angeht, ist Adlershof einzigartig in Deutschland“, wirbt Neumann für die Ansiedlung im Südosten Berlins.
Einige Unternehmen sehen die europäische Vernetzung von High-Tech-Firmen nicht nur positiv. Alexander Herrmann erkennt für seine Firma Capsulution, einen hoch spezialisierten Arzneimittelbetrieb, noch keinen Nutzen. „Es gibt zu wenig Schnittstellen bei der Kooperation so stark spezialisierter Unternehmen“, bemängelt er. „Das ist wie bei der Entwicklung eines Autotyps, der an den Wünschen der künftigen Fahrer vorbeigeht. Wir als Unternehmen wurden zu wenig in die Planung des Euro-Office einbezogen.“ Als sich Capsulution 2002 in Adlershof ansiedelte, seien vor allem die günstigen Mieten und der Markenname „Adlershof“ ausschlaggebend gewesen. „Die Kontakte zu den wenigen potenziellen Kunden weltweit waren schon vor dem Bezug der Büros größtenteils vorhanden“, sagt Herrmann.
Für standardisierte Produkte, so Hermann, sei die Vernetzung der europäischen Gründerzentren möglicherweise von Vorteil. Der Markt für sein Produkt ist unter wenigen spezialisierten Firmen aufgeteilt.