DIE EU SOLLTE IN KOREA VERMITTELN, AUCH WENN SIE SICH BLAMIERT : Allein den Versuch ist es wert
Es ist absurd: Je ernster die US-Regierung den Krieg gegen den Irak vorbereitet, desto stärker kämpft Nordkorea um die Aufmerksamkeit von Präsident Bush: mit dem angeblichen Eingeständnis eines geheimen Atomprogramms, dem Rauswurf der Inspektoren, dem Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag, dem Wiederanfahren einer stillgelegten Atomanlage, dazu Drohungen mit Präventivschlägen und der Zerstörung der südkoreanischen Hauptstadt Seoul. Die coole US-Reaktion ist ähnlich absurd, erst recht im Vergleich zu ihrem Verhalten gegenüber dem Irak.
Dabei ist Nordkoreas Eskalationspotenzial noch nicht ausgereizt. So könnte Pjöngjang eine Rakete „testen“, sobald die Amerikaner den Irak angreifen. Im Atompoker zwischen Pjöngjang und Washington spielt Europa keine Rolle. Trotzdem hat der außenpolitische Beauftragte der EU, Javier Solana, die Entsendung einer ranghohen EU-Delegation nach Nordkorea angekündigt.
Dies sieht danach aus, als ob sich die EU in einem weiteren außenpolitischen Konflikt blamieren wolle. Solana machte seine Ankündigung in Seoul; er wollte ursprünglich von dort nach Pjöngjang weiterreisen. Nur signalisierte ihm das dortige Regime, der „Geliebte Führer“ Kim Jong Il habe gerade keine Zeit. So muss Solana jetzt nach Brüssel zurückkehren und den Reisetermin der Delegation offen lassen. Fraglich ist auch, ob sie überhaupt etwas in Pjöngjang erreichen kann. Gerade ist ein russischer Vermittler dort gescheitert, und zudem besteht die Gefahr, dass diese mission impossible vom nordkoreanischen Regime für Propagandazwecke ausgeschlachtet wird.
Doch trotz geringster Chancen ist die EU-Initiative grundsätzlich richtig. Denn der Konflikt ist viel zu gefährlich, um ihn Nordkorea und den USA zu überlassen. Die asiatischen Nachbarn Russland und China verfolgen auch Eigeninteressen, die eine Lösung erschweren. Die EU wird den Konflikt sicher nicht lösen können, aber vielleicht zu einer Lösung beitragen. Den Versuch ist es wert. Denn eine weitere Eskalation kann unabsehbare Folgen haben. SVEN HANSEN