: Marschlust auch im Kabinett
Wieczorek-Zeul will Samstag demonstrieren, obwohl sich das für Minister nicht schickt
BERLIN taz ■ Gehen sie oder gehen sie nicht? Oder werden sie nur stehen? Wenn ja, wo? Verwirrung herrschte gestern darüber, ob Mitglieder der Regierung an der Großdemonstration gegen den drohenden Irakkrieg am Samstag in Berlin teilnehmen werden.
Erst erklärte der Vizeregierungssprecher Thomas Steg, „aus gutem Grund und aus freien Stücken“ hielten sich Minister bei derartigen öffentlichen Aktionen zurück. Kurz darauf verkündete Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, dass sie durchaus kommen wolle – in ihrer Zweitfunktion als SPD-Vizechefin. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse will „als SPD-Politiker“ teilnehmen.
Berlin ist Ort der zentralen deutschen Demonstration am 15. Februar, dem „Internationalen Aktionstag gegen den Irakkrieg“. Weitere Demos für solche, die die Reise scheuen, wird es jedoch auch im Rest des Landes geben.
Wer überhaupt keine Reise scheut, kann sich auch noch einer der Solidaritätsdelegationen anschließen. Diese machen sich derzeit unter dem Motto „Stell dir vor, es ist Krieg, und alle gehen hin“ in Richtung Bagdad auf, um dort als „lebende Schutzschilde“ zu dienen.
Weniger Geld kostet eine Aktion, für die im Internet geworben wird: Wer gegen den Irakkrieg ist, möge einen – und nur 1 – Euro auf ein Konto überweisen. Die gesammelte Summe wird Ende März vom Verein „Friedliche Lösungen“ zu 90 Prozent an Ärzte ohne Grenzen und zu 7 Prozent an Reporter ohne Grenzen gespendet. Maximal 30.000 Euro wollen die Organisatoren für die Finanzierung der Aktion selbst behalten (www.deutschland-sagt-nein.de).
Eine Gruppe von über 50 menschen- und völkerrechtlich engagierten Juristen aus Freiburg erinnert unterdessen noch einmal an die völkerrechtlichen Implikationen der US- und der deutschen Außenpolitik. In der „Freiburger Juristenerklärung“ erläutern die Unterzeichner, dass die Bundesrepublik nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet sei, „den USA die Nutzung des deutschen Luftraums zu untersagen“. Selbst wenn der UN-Sicherheitsrat „die Staatengemeinschaft zur Anwendung militärischer Maßnahmen“ ermächtige, ein Krieg also völkerrechtskonform sei, wäre die Bundesrepublik jedenfalls nicht verpflichtet, daran teilzunehmen, so die Juristen. UWI