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Archiv-Artikel

Wiederauferstehung

Es ist kein Spaß, aber auch kein Weltuntergang: Auf dem Talent-Campus tauschten sich erfahrene Bankrotteure über Konkurs und Pleitemachen aus

von BRIGITTE WERNEBURG

Da fragt man sich natürlich: Warum sitzt Laurens Straub, Mitbegründer des Filmverlags der Autoren, Mitbegründer des „Filmwelt“-Verleihs, heute Produzent, zuletzt von Winfried Bonegels „Führer Ex“, im Publikum des Talent-Campus-Panels „Bankruptcy and Resurrection“? Kann er da wirklich noch was lernen?

Nach der Anekdote, die die Leiterin der neu eingerichteten Nachwuchsförderung im Haus der Kulturen der Welt, Christine Dorn, zum Besten gab, wie es zur Idee ausgerechnet dieses Panels kam, muss er in diesem Bereich schon einige Erfahrungen gesammelt haben. Christine Dorn jedenfalls saß vor nicht zu langer Zeit in Straßburg mit 15 Filmproduzenten an einen Tisch und bei diesem Essen stellte sich heraus, dass 14 von ihnen schon mal Konkurs gegangen waren.

Warum also nicht über den Normalfall sprechen? Immerhin konnte sie Rainer Kölmel, erst vor zwei Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Michael spektakulär mit der „Kinowelt“ gescheitert, für das Podium gewinnen. Die großen Pleiten: Zusammen mit Nik Powell, ehemals Mitbegründer der Plattenfirma Virgin Records, der mit seiner Produktionsfirma Palace Pictures bankrott ging, und Cédomir Kolar, den der mit Preisen überhäufte Film „No Man’s Land“ in den Ruin trieb, stand Rainer Kölmel dem Moderator Peter Cowie vom Branchenblatt Variety Rede und Antwort. Er konnte es verhältnismäßig gelassen angehen, auch wenn es bei der Planung des Panels noch anders ausgesehen hatte. Seit 22 Tagen nämlich sind er und sein Bruder wieder im Besitz des offenbar gesunden Kinowelt-Kerns – darunter der TV-Rechtehandel und das Geschäft mit DVDs und Videos.

Ein Spaß scheint es nicht zu sein, Pleite zu gehen. Darin waren sich alle drei einig. Ein Weltuntergang ist der Bankrott im Filmbereich aber auch nicht. Man kommt wieder. Denn man hat noch immer ein Erfahrungs- und Wissenskapital, das die Branche braucht. Freilich kommt man sehr viel kleiner wieder und das mag schon wieder das Problem sein. Das grandiose Comeback, das der religiös hoch aufgeladene Begriff der resurrection, der Wiederauferstehung, versprechen mochte, war jedenfalls nicht das Thema, das an diesem Nachmittag zur Sprache kam.

„Does size matter?“, fragte Cowie, und dazu konnte Nik Powell am besten Auskunft geben. Immerhin war er als Mitbesitzer von Virgin Records schon mit 22 Jahren 50 Millionen Pfund schwer. Rund 25 Jahre später sah er sich gezwungen, seine Kinder aus der Privatschule herauszunehmen und in die öffentliche Schule zu schicken. „Why run a big company well when you can run a small one badly?“, zitierte er den Spott, für den der Bankrotteur nicht sorgen muss. Ärgerlich findet er, dass AOL/Time Warner nicht krachen, obwohl es, ginge es mit rechten Dingen zu, an der Zeit wäre. Doch er könnte sich darin täuschen, dass die Großen immer davonkommen. Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre sprechen da eine andere Sprache.

Wann überhaupt ist man insolvent? Diese (auch in der taz häufig gestellte) Frage, erklärte Rainer Kölmel dem Filmnachwuchs, sei eben alles andere als leicht zu beantworten. Üblicherweise kann man sich zwar auf die Banken verlassen – doch Vorsicht ist geboten. Realisiert man die Schieflage zu spät, macht man sich der Konkursverschleppung schuldig und dann sieht alles schon sehr viel schlechter aus, denn nun wird die Sache zur Straftat.

Die Fragen aus dem Publikum zeigten allerdings: der Nachwuchs versteht sehr wohl, dass das Produzentengeschäft starke Nerven verlangt. Die Summen, die ein Film kostet, bekommt man eben immer nur übers Schuldenmachen zusammen. Das muss man erst einmal aushalten können und dabei so gut schlafen, wie Kölmel von sich behauptet. Selbst dann, wenn der Bankrott unwahrscheinlicherweise nie in Sichtweite kommen sollte.