Alle Hand in Hand für den Frieden

Die Friedensdemonstration am Samstag wird zur Bühne für viele: Bis zu 150.000 Teilnehmer wollen gegen den Krieg demonstrieren – von SPD-Ministerin und PDS-Senator bis zu Palästinensern und Rechtsaußen. Der Regierende zögert noch

von ROBIN ALEXANDER

Die für Samstag geplante Friedensdemonstration wird groß. „Schon 500 Reisebusse aus ganz Deutschland haben sich angemeldet“, berichtet Philipp Hersel, Vertreter von Attac-Berlin im „Koordinierungskreis 15. Februar“, der die Demonstration vorbereitet. 100.000 bis 150.000 Teilnehmer oder mehr werden jetzt von den Organisatoren für möglich gehalten.

Diese Entwicklung überrascht, galt es bisher doch als schwierig, die Bevölkerung gegen den Krieg auf die Straße zu bringen, wenn die eigene Regierung keine Kriegsposition einnimmt. Noch auf der letzten größeren Friedensdemonstration, am 13. Oktober, gab es ein massives Mobilisierungsproblem.

Nun sieht die Sache anders aus, obwohl die Bundesregierung in den Medien wie eine entschlossene Verhinderin eines Militäreinsatzes dasteht. Mit Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) will sogar ein Kabinettsmitglied an der Friedensdemo teilnehmen. Auch die lokalen Spitzen von SPD und PDS werden auf der Demo vertreten sein. SPD-Landesvorsitzender Peter Strieder, der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und andere Berliner Sozialdemokraten gehen auf die Straße. Ein Sprecher erklärte: „Sie werden in einer Gruppe laufen und sich auch als SPD erkennbar zeigen.“ Die PDS-Spitzen treffen sich an der Weltzeituhr. „Fast der komplette Landesvorstand wird vertreten sein“, erklärt Parteivorsitzender Stefan Liebich, „selbstverständlich auch Senatoren.“ Vor einem knappen Jahr hatten sich die Genossen Senatoren das Demonstrieren gegen George W. Bush noch verbieten lassen, da sie beim Besuch des amerikanischen Präsidenten „Gastgeberfunktionen“ ausfüllten.

Klaus Wowereit (SPD) hingegen hatte sich gestern bis Redaktionsschluss noch nicht entschieden, ob er an der Demonstration teilnimmt. Fraglich war sogar, ob der Regierende ein Grußwort an die Demonstranten richten wird.

Kritik am Engagement der Senatsparteien äußerte FDP-Fraktionschef Martin Lindner: „Wer, wie die Berliner SPD, die Berliner Grünen und die PDS gleichzeitig mit antiamerikanischen und extremistischen Gruppierungen wie der DKP, der MLPD, der AAB und der DVU zu gemeinsamen Demonstrationen aufruft, gibt Antiamerikanismus eine politische Bühne und macht ihn salonfähig.“

Sorgen machte den Organisatoren gestern weniger die DVU als einer, der vor kurzem noch Mitglied der FDP-Fraktion in NRW war: Jamal Karsli, früher Grünen-Politiker, dann Möllemann-Spezi, war Mitglied im UnterstützerInnenkreis der Demonstration. Erst gestern Nachmittag warfen die Organisatoren Karsli aus dem Gremium.

Dort finden sich Namen aus allen Bereichen der Gesellschaft: Vom Love-Parade-Organisator Dr. Motte über ein „Flower-Power-Festival Freiberg“ bis hin zum Ver.di-Bezirk Berlin. Die Organisatoren fürchten nicht, dass ihre Demonstration eine Unterstützungsveranstaltung für die Bundesregierung wird. „Unsere Position ist eine andere. Wir sind gegen die Gewährung von Überflugrechten, gegen den Einsatz der Awacs-Flugzeuge, gegen logistische Hilfe und Ersatz der US-Truppen in anderen Weltgegenden“, betont Philipp Hersel vom Koordinierungskreis. Aber: „Die Gefahr der Vereinnahmung ist natürlich da.“ Das „Bündnis gegen Antisemitismus“ warnte gestern in einem „offenen Brief an die Friedensbewegung“, aus einem „Palästina-Block“ könnte zum Mord an Juden aufgerufen werden. Ähnliches sei auch auf der Antikriegsdemo vom November zu beobachten gewesen.

Schon am Dienstag war auf einer Pressekonferenz der Demo-Organisatoren ein „Kommando Sir Arthur Harris“ mit der Parole „No Peace for Saddam“ aufgetaucht, das die Friedenssehnsucht als „deutsche Psychohygiene“ bezeichnete. Gruppen wie diese rechnen sich zu den radikalen Linken, schimpfen im Internet auf den „national-pazifistischen Friedensmob“ und argumentieren: „Ihr Frieden ist nur ein anderer Krieg: der gegen die USA, und solange der noch keine Erfolgsaussichten hat, der gegen Israel. Das ist die Botschaft, die Zehntausende am 15. Februar auf die Straße tragen werden.“