Wowereit demonstriert nicht

Der Regierende Bürgermeister ist beim heutigen Anti-Kriegs-Zug zur Siegessäule nicht dabei – anders als drei Bundesminister. Christen, Muslime und andere Gläubige treffen sich am Berliner Dom

von STEFAN ALBERTI

„An der Weltzeituhr, ich bin der mit dem Plakat.“ Absprachen wie diese werden nicht reichen, wenn sich heute vom Alexanderplatz (13.15 Uhr) und vom Breitscheidplatz (12.35 Uhr) aus zwei Menschenmassen auf die Siegessäule zubewegen und gegen einen Irakkrieg protestieren. Der Protest ist eine der bundesweit größten Friedensdemonstrationen seit Jahren. Von 100.000 Teilnehmern geht die Polizei aus. Der Veranstalter, das von über 40 Organisationen getragene „Aktionsbündnis 15. Februar“, gibt keine Schätzung ab.

An beiden Startorten läuft ab 11.30 Uhr ein Vorprogramm mit Musik und Ansprachen. Parteien formieren sich teilweise schon früher. Die Grünen etwa treffen sich um 11.15 Uhr am Roten Rathaus, an der Ecke Rathausstraße/Spandauer Straße. Allein aus Hessen haben sich 300 Parteifreunde angekündigt. Auch ihre Bundesminister Renate Künast und Jürgen Trittin wollen gegen einen Irakkrieg demonstrieren – entgegen einer Bitte des Bundeskanzlers. Vorher hatte sich schon SPD-Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul angekündigt.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hingegen sagte ab. „Der Regierende nimmt nicht an der Demonstration teil“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer der taz. Eine offizielle Begründung gebe es nicht. Beim Veranstalter gab man sich gelassen: „Es ist weder eine Enttäuschung noch eine große Freude, ob der Regierende Bürgermeister oder Lieschen Müller teilnimmt“, sagte Sprecherin Laura von Wimmersperg.

Offen war am Freitag, wie sich die NPD verhält. Sollte die Partei als Block mitlaufen, „wird das sicherlich problematisch“, sagte von Wimmersperg. Als Ausweg verwies sie auf eigene Sicherheitskräfte. Die Polizei ging nicht von einer geschlossenen Formation aus. Wenn doch, werde man die NPDler „zu ihrem eigenen Schutz“ aus der Veranstaltung herausnehmen, äußerte sich ein Polizeisprecher. Die Veranstalter selbst können das nach seinen Worten nicht: „Die Ordner haben da im Grunde nichts zu melden. Kein Versammlungsleiter kann sagen, wen er dabeihaben möchte und wen nicht.“

Christen, Muslime und Angehörige anderer Konfessionen treffen sich unter dem Motto „Glaubende für den Frieden“ ab 12.30 Uhr vor dem Berliner Dom. Der evangelische Landesbischof Wolfgang Huber, Theologe Friedrich Schorlemmer und Scheich Salem el Raffat, Imam der größten Berliner Moschee, sollen Kurzstatements abgeben. Danach zieht die Gruppe zum Demostart am Alex. Bereits um 12 Uhr spricht Huber im Dom ein Friedensgebet, zu dem auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime angekündigt ist. Der katholische Erzbischof Georg Sterzinsky nimmt nicht teil – laut Bistum aus Termingründen.

Die Route der Demonstration zur Abschlusskundgebung von etwa 14 bis 16.40 Uhr am Großen Stern – statt wie ursprünglich geplant am Reichstag verläuft vom Alex über die Linden auf die Siegessäule zu, vom Breitscheidplatz hingegen über die Tauentzien-, Bülow-, Potsdamer und Entlastungsstraße.

Auf der Bühne knapp 50 Meter östlich des Großen Sterns, der für den Verkehr freigehalten wird, sollen der Theologe Schorlemmer, der Gewerkschaftschef Frank Bsirske und die Schriftstellerin Sumaya Farhat-Naser sprechen. Angekündigt sind zudem die Liedermacher Reinhard Mey, Konstantin Wecker und Hannes Wader, „Kelly Familiy“-Sänger Paddy und die Puhdys. Schauspieler Peter Sodann und andere sollen Texte verlesen.

Für Einbruch der Dunkelheit gegen 18 Uhr lädt eine Hildesheimer Initiative zum Brandenburger Tor. Teilnehmer sollen mit (eigenen!) Taschenlampen die Worte „No War“ formieren.