: Urlaub mit Saddam
„Ich muss, Mutter. Ich darf in dieser Situation nicht schweigen“, sagt er, während er winkend durch die Kontrollen geht
Meine Frau Eminanim und ich sind mit Mehmet zum Flughafen gefahren, um den ewigen Studenten in den Urlaub zu verabschieden. „Mehmet, mein Sohn, guckst du keinen Wetterbericht, oder was? In Mallorca ist doch zur Zeit genauso kalt wie hier“, sagt Eminanim. „Ich fahre nicht nach Mallorca, ich fahre nach Bagdad“, versetzt Mehmet uns in der Abflughalle einen kräftigen Schock. „Bei Allah, bist du völlig bescheuert? Wie kannst du denn ausgerechnet jetzt im Irak Urlaub machen?“, schimpfe ich.
„Mehmet, mein Sohn, du weißt doch, dass bald die ganze Welt anfangen wird, das arme Land zu bombardieren?“, sagt Eminanim.
„Ich muss unbedingt vor Ort gegen diesen sinnlosen Krieg der imperialistischen Amerikaner demonstrieren“, wehrt sich der Betonkommunist.
„Mein Gott, dafür musst du doch nicht bis in die Wüste fahren!“, ruft seine Mutter.
„Genau! Demonstriere doch in Deutschland, so wie alle anderen Kommunisten auch“, stimme ich meiner Frau zu.
„Vater, wir dürfen doch nicht zusehen, wie diese Amerikaner – nur um an das blöde Öl ranzukommen – das ganze unschuldige irakische Volk massakrieren! Präsident Bush hat gesagt, das sei alles nur wegen Terrorismus und Völkermord und so. Dass es im Irak auch Öl geben soll, davon wüsste er nichts.“
„Das ist mir klar, dass dieser Bush von nichts eine Ahnung hat. Aber sein Vater weiß ganz genau, dass es dort Öl gibt. Deshalb schickt er doch seinen Sohn in den Irak. Nimm dir doch mal ein Beispiel an ihm! Der Mann hat wenigstens Respekt vor seinem Vater!“, kontere ich
„Ich muss gegen diesen ungerechten Krieg der USA demonstrieren“, versichert Mehemt seiner Mutter.
„Oh Gott, oh Gott, da kann doch alles Mögliche passieren, ich will nicht, dass du dahin fährst“, weint meine Frau mittlerweile völlig ungehemmt.
„Ich melde mich, wenn ich da bin“, sagt er.
„Also gut, mein Sohn, wenn du unbedingt in den Irak willst, dann fahr doch dahin. Ich wünsche dir alles Gute“, rufe ich und küsse ihn zum Abschied an seinem Achttagebart.
„Du Rabenvater! Wie kannst du nur?“, heult Eminanim und umarmt Mehmet. „Geh nicht weg. Bitte, ich flehe dich an!“
„Ich muss, Mutter. Ich darf in dieser Situation nicht schweigen“, sagt er, während er winkend durch die Kontrollen geht.
„Mehmet, mach diesen Kriegstreiber Bush fertig! Hau ihm auch für mich eins aufs Maul. Saddam aber auch!“, rufe ich ihm hinterher und gehe ganz locker zum nächsten öffentlichen Telefon und rufe die Flughafenauskunft an: „Verbinden Sie mich bitte schnell mit der Flughafenpolizei!“
Während ich Mehmet freundlich hinterherwinke, sage ich genauso freundlich in den Apparat: „Stürmen Sie sofort die Maschine nach Damaskus. Ein Schläfer hat sich mit einer Bombe reingeschlichen. Der blutrünstige Topterrorist heißt Mehmet Engin.“
OSMAN ENGIN