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Archiv-Artikel

Tanz um das schwarze Gold Saddam Husseins

Der Streit zwischen Russlands Ölgiganten Lukoil und dem Irak geht in die nächste Runde: Bagdad kündigt einen Vertrag auf – wegen US-Kontakten des Unternehmens. Firmenvertreter sind aus wirtschaftlichen Interessen gegen den Krieg

MOSKAU taz ■ Inzwischen hat sich Russlands führender Ölgigant „Lukoil“ daran gewöhnt, von Bagdad bestraft zu werden, wenn es politisch opportun ist. „Wann immer der Irak neue Schwierigkeiten mit dem UN-Sicherheitsrat bekommt, übt er Druck auf Russland aus“, meint Firmenvize Leonid Fedun, „und das über bestehende Verträge.“ Letzte Woche kündigte Bagdad das Milliardengeschäft um die Ausbeutung der Ölquellen in West Qurna 2 auf. Bis zu 600 Millionen Tonnen Öl sollten dort im Laufe von 20 Jahren gefördert werden. Offiziell begründete Bagdad die Auflösung des bereits 1997 geschlossenen Vertrags mit ausbleibenden russischen Investitionen, die Lukoil aber nicht vornehmen konnte, wollte der Konzern nicht gegen internationale Sanktionen verstoßen.

Der wahre Hintergrund ist ein anderer. Im Dezember drohten die Irakis mit der Aufkündigung. Damals hatte sich herumgesprochen, dass Lukoil-Vertreter Fühlungnahme zur irakischen Oppositionsgruppe „Iraqi National Congress“ gesucht hatten. Die hatte etwas voreilig angekündigt, alle aus politischer Gunst vergebenen Schürfrechte für die Zeit nach Saddam Hussein überprüfen zu wollen.

Diesmal sind Kontakte zwischen Lukoil und den USA der Stein des Anstoßes. Daraus macht selbst der Irak kein Hehl. Die Russen wollen von den Amerikanern Bohrgarantien für die Post-Saddam-Ära erhalten. Lukoil-Chef Wagit Alekperow hatte mehrfach durchblicken lassen, dass der Kreml zugesagt hatte, die Interessen des Unternehmens gegenüber den USA zu verteidigen. Beobachter zogen daraus den Schluss, dass es bereits zwischen Washington und Moskau informelle Übereinkünfte gäbe. Demnach solle der führende Platz Lukoils im Irak nicht angetastet werden. Doch das sind bisher nur Gerüchte.

Das Misstrauen gegenüber den Amerikanern sitzt auch bei russischen Firmenvertretern tief. Sie stellen die Überlegung an, inwieweit der Kreml überhaupt Garantien für Washington abgeben kann. Vergangene Woche meinte Jurij Schafranik, Chef des Verbands der russischen Öl- und Gasindustrie gegenuber der Nesawissimaja Gaseta, man dürfe den USA nicht einfach vertrauen. Und Moskaus Handelskammer ließ durchblicken, im Kriegsfall würden mindestens 200 Firmen Schaden nehmen. Vor allem dürfte der russische Maschinenbau erhebliche Einbußen erleiden. Denn bisher war der Irak der einzige Staat, der die auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähigen russischen Produkte noch kaufte. Daher sei der Frieden zu jedem Preis zu erhalten, meint Schafranik.

KLAUS-HELGE DONATH