„Es geht gegen Bush“

Wie antiamerikanisch sind die Proteste gegen die Politik der amerikanischen Regierung? Die taz fragte sieben US-Amerikaner, die in Berlin bei der Demonstration gegen den Krieg waren

aufgezeichnet von AGNES CIUPERCA

„Ich habe ein Schild mit der Aufschrift ‚Liebt mein Land, hasst Bush‘ getragen. Ein Palästinenser fand das nicht so gut, wohl wegen der amerikanischen Flagge, aber ich zweifle, ob er überhaupt Englisch verstanden hat. Ich glaube, dass es die rechten Massenmedien sind, die in den Vereinigten Staaten den Protest von Millionen als antiamerikanisch diskreditieren, damit die Leute nicht merken, dass er sich gegen die Bush-Regierung richtet. Ich habe jedenfalls in Berlin noch niemanden getroffen, der antiamerikanisch wäre.“ Eva Adams, 51, Jazzlehrerin, lebt seit 20 Jahren in Berlin.

„Ich habe einige antiamerikanische Slogans gesehen, zum Beispiel ‚Amis, Go Home‘. Ansonsten aber habe ich keinen Antiamerikanismus gespürt. Auf den Montagsdemos war die Stimmung manchmal etwas gehässiger. Ich denke, dass manche Deutsche froh sind, endlich mal so richtig über die Amis herziehen und den Spieß nach den langen Jahren deutscher ‚Kollektivschuld‘ umdrehen zu dürfen. Aber die meisten sehen das noch immer viel differenzierter. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen waren schon immer eine Hassliebe.“ Isabel Cole, 29, Übersetzerin aus New York, lebt seit 1996 in Berlin.

„Ich empfinde Deutschland nicht als amerikafeindlich. Dagegen ist die amerikanische Gesellschaft antideutsch. Ich denke, dass die Amerikaner sie nicht mehr alle haben. Deshalb bin ich kritischer gegenüber den USA als manche Deutsche. Das gilt auch für viele Amerikaner in den USA. Allerdings dachte ich vorher tatsächlich, eine Art latenten Antiamerikanismus bei der Demo vorzufinden. Deshalb haben wir ja auch unsere eigenen Leute zum Protest zusammengerufen, damit wir uns wohl fühlen. Dieser Verdacht hat sich aber nicht bestätigt. Die meisten Proteste haben sich gegen Bush gerichtet. Jane Hartmann-Zeilenberger, 55, ist Psychologin und lebt seit 1971 in Berlin.

„Ich habe relativ viele antiamerikanische Plakate oder Parolen mitbekommen. Wenn ich es quantifizieren soll, siedle ich sie auf einer Skala von 1 (Minimum) bis 10 bei 7 an. So habe ich etwa junge Demonstranten gesehen, die den Spruch ‚USA – Internationale Völkermordzentrale‘ gerufen haben. Beim Antiamerikanismus treffen sich extreme Gruppen von ganz rechts und ganz links. Imponiert haben mir Plakate wie ‚Ich bin Ami und gegen den Krieg‘.“ Toby Axelrod ist Journalistin und war aus beruflichen Gründen auf der Friedensdemonstration.

„Ich habe überhaupt keinen Antiamerikanismus festgestellt, aber ich bin als Amerikanerin auch nicht zu erkennen, weil ich ohne Akzent Deutsch spreche. Ich glaube, die Leute haben sich gefreut, dass wir Amerikaner auch demonstrieren. Ich hatte ein Plakat mit den ausgehöhlten Köpfen von Cheney, Bush und Rumsfeld mit der Überschrift: ‚Empty warheads found in Washington‘. Während und nach der Demo haben mich die Leute gefragt, ob sie das haben könnten. Meine Freunde haben mich gestern angerufen, sie waren auf einer Demo in Washington und haben sich über die Proteste in Deutschland gefreut, vor allem deshalb, weil Schröder ja gegen einen Krieg ist.“ Ann Wertheimer, 58, seit 1971 in Berlin, arbeitet als Englischlektorin an der Freien Universität.

„Es gab viele Anti-Bush-Plakate auf der Demo, da habe ich nichts dagegen. Solche Sprüche haben wir ja selbst gehabt. Es gab sicher auch Antiamerikanisches. Da waren viele Gruppen, wo ich dachte, neben denen möchte ich nicht unbedingt laufen. Aber im Großen und Ganzen fand ich die Stimmung sehr positiv. Später in den Nachrichten habe ich BBC World geguckt, und die Reporterin hat Anti-Bush-Parolen als antiamerikanisch bezeichnet. Dann im „Länderspiegel“ kam eine Frage, ob die Stimmung in Berlin antiamerikanisch war, und die Reporterin hat sehr differenziert gesagt, dass die meisten unterscheiden zwischen der Bush-Regierung und ‚dem Volk‘. Das fand ich gut. Mensch, selbst Dustin Hoffman hat die Differenzierung gemacht.“ Allison Brown, 47, seit 20 Jahren in Berlin, ist Übersetzerin.

„Bushs Vorstellung, wie die UN funktionieren sollen, ist einfach. Alle anderen müssen nur seiner Meinung sein. Wenn die UN scheitern, ist meiner Meinung nach Bush schuld. Natürlich muss Hussein gestoppt werden, ich unterstütze diesen Diktator nicht. Ich bin stolz, Amerikaner zu sein, und finde es meine Pflicht, gegen Bushs Außenpolitik zu protestieren. Auf der Demo am Samstag habe ich aber überhaupt keinen Antiamerikanismus bemerkt. Anti-Bush schon, aber das ist recht so.“ David Knutson lebt seit fast 30 Jahren in Berlin und ist Solist an der Deutschen Oper.