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Archiv-Artikel

Warten auf Obama

Israelische Politiker stellen sich auf einen Dialog mit dem Iran ein. Ein Angriff auf die Atomanlagen scheint vertagt

JERUSALEM taz ■ Israels designierter Premierministerin Zipi Livni eilt es nicht mit einem Angriff auf die iranischen Atomforschungsanlagen. Livni will dem US-amerikanischen Präsidentschaftsanwärter Barack Obama Zeit einräumen für direkte Verhandlungen mit Teheran, die er einleiten will, sollte er die bevorstehenden Wahlen für sich entscheiden.

Livni signalisiert damit eine deutlich moderatere Linie als ihr Vorgänger. Unter Bezug auf „europäische Diplomaten“ hatte der britische Guardian berichtet, dass Israels scheidender Regierungschef Ehud Olmert bereits im Mai einen Angriff erwogen habe, davon jedoch abließ, als US-Präsident George W. Bush ihm jegliche Rückendeckung versagte. Als eine Art Trostpflaster stationierten die USA wenige Monate später 120 Soldaten zur technischen Betreuung eines Raketenvorwarnsystems in Israel.

„Wenn es der Welt nicht gelingt, das iranische Atomprojekt zu stoppen, wird Israel keine Wahl bleiben, als anzugreifen“, meinte der Kadima-Abgeordnete Isaak Ben-Israel am Sonntag. Das bedeute jedoch nicht, dass „wir schon in drei Monaten unsere Bomben abwerfen“. Bis zu dem Augenblick, wo Teheran in der Lage sei, Israel mit Atombomben zu bedrohen, müssten alle diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Ben-Israel, der in den Jahren 1967 bis 2002 selbst bei der Luftwaffe diente, gehörte zu den Planern des israelischen Angriffs auf den irakischen Atomreaktor in Osirak 1981. Später wechselte er zum militärischen Abwehrdienst. Seiner Meinung nach bleiben noch „eineinhalb bis zwei Jahre Zeit, bevor es so weit ist“. Dabei stützt er sich auf Informationen der israelischen Nachrichtendienste und auf Berichte der Internationalen Atomenergiebehörde.

Der ehemalige Geheimdienstler setzt zwar „keine großen Hoffnungen“ auf den von Obama angestrebten Dialog, dennoch sei es Israels „Pflicht“, vorläufig abzuwarten. Ben-Israel hält die israelische Luftwaffe als „durchaus fähig, allein anzugreifen, wenn es nicht anders geht“. Erreicht werden könne in jedem Fall lediglich eine Verzögerung und kein komplettes Zerstören des Forschungsprogramms.

Was der künftige US-Präsident dem seit Jahren international isolierten Iran anbieten könnte, wären intensivierte wirtschaftliche Beziehungen. Ein Nichtangriffspakt, der möglicherweise Israel miteinbezieht, würde zudem denjenigen Iranern die Argumente rauben, die das Atomforschungsprogramm aus Selbstverteidungszwecken vorantreiben.

Nach Informationen des Journalisten Aluf Benn von Ha’aretz besteht im Jerusalemer Außenamt die Sorge, dass während der Verhandlungen eine Verbindung zwischen dem iranischen und dem israelischen Atomforschungsprogramm hergestellt werden könnte und Obama auch von Israel die Einstellung der Atomforschung in Dimona fordern könnte. „Mit anderen Worten“, so schreibt Benn, „ein Natanz-für-Dimona-Abkommen.“

SUSANNE KNAUL