: off-kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
In Europa gibt es zweifellos die Tendenz, den Kontinent Afrika wie ein einziges Land zu betrachten – dabei hat die Elfenbeinküste mit Simbabwe vermutlich so viel zu tun wie Island mit der Türkei. Entweder denkt man an tolle Landschaften, viele wilde Tiere und Leute, die in pittoresken Lehmhütten hausen – das kommt natürlich daher, dass man zu oft „Hatari!“ geguckt hat oder „Expeditionen ins Tierreich“. Oder aber man hat gerade wieder einmal den „Weltspiegel“ gesehen und dabei den Eindruck gewonnen, alle Afrikaner lebten in grausligem Elend.
Der Film „I.T. (Immatriculation temporaire)“ des 36-jährigen Regisseurs Gahité Fofana spielt in Guinea, einem Land an der afrikanischen Westküste. Und in der Stadt Fria sieht es tatsächlich fast genauso aus wie überall sonst: Die Menschen wohnen in öden Betonsiedlungen, am Stadtrand beherrscht eine hässliche Fabrik das Bild, und in den Discos regieren HipHop und Coca-Cola. Nur die Farben sind anders: leuchtend, klar und intensiv. Man kann „I.T.“ als eine Art Roadmovie betrachten: Mathias (Fofana), Sohn einer weißen Französin, kommt in das fremde Land, um seinen ihm unbekannten schwarzen Vater zu finden. Die nicht sehr zielstrebige Suche hält den Film in einer trägen Bewegung: Bei Mathias’ Fahrten per Bus, Auto oder Motorroller sieht man ein wenig von Land und Leuten; die Bilder vom Alltagsleben lassen dabei spüren, dass Fofana ursprünglich vom Dokumentarfilm kommt.
Doch eigentlich erzählt „I.T.“ vor allem von Stillstand, Trägheit und Orientierungslosigkeit. Nachdem Mathias gleich bei seiner Ankunft ausgeraubt wurde, trifft er wenig später auf jene Leute, die – direkt oder indirekt – dafür verantwortlich sind: den Ganoven John Tra, dessen Schwester Rama und ihren Kumpel Sylla. Wie selbstverständlich nehmen John Tra und Rama Mathias bei sich auf und versprechen, ihm bei seiner Suche zu helfen. Ihre Beweggründe werden dabei nur angedeutet, die Beziehung der Figuren zueinander bleibt seltsam undefiniert. Wenn Rama Mathias einmal etwas Wichtiges zu sagen hat, spricht sie die Landessprache – und die versteht Mathias nicht. Willenlos wie ein Zombie trottet Mathias hinter John Tra her: Die meiste Zeit sitzen sie in Bars herum; die Männer haben stets ein Bier in der Hand. Es passiert nichts, und niemand unternimmt etwas. Von seinen neuen Freunden wird Mathias I.T. (etwa Befristeter Aufenthalt) gerufen, doch er könnte genauso gut E.T. heißen: Da ist einer, der möchte nach Hause und weiß nicht wie.
„I.T.“ (OmU) 24.2. im Arsenal 2
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Einen der interessantesten Filme der gerade zu Ende gegangenen Berlinale kann man noch einmal in einer Wiederholungsvorstellung des Arsenal-Kinos goutieren: Die Dokumentation „Aji – Dream Cuisine“ des in China aufgewachsenen und in Japan lebenden Regisseurs Li Ying erzählt eine zweifache Liebesgeschichte: Hatsue und Koruko Sato – sie Ende, er Anfang Siebzig – lieben die traditionelle chinesische Küche der Provinz Shangdong und betreiben ein kleines Restaurant in Tokio. Zugleich lieben sie einander, was jedoch auch gewisse Probleme mit sich bringt: Denn die in Shangdong geborene Hatsue würde gern nach China zurückkehren, um die spezielle, während der Kulturrevolution in Vergessenheit geratene Kochkunst an interessierte Schüler weiterzugeben; ihr Mann möchte jedoch lieber in Japan bleiben. Welche Liebe ist nun die größere?
Während die alte Dame ihren Kindheitserinnerungen nachhängt, macht der Film zugleich deutlich, dass Hatsues traditionelle Kochkunst in China gar nicht mehr gefragt ist: Dort ist man längst auf „nouveau Shangdong“ umgestiegen; immer wieder drehen sich tragikomische Streitereien um die Frage, ob man nun beim Kochen Zucker verwenden dürfe oder nicht. Dabei gelingt Regisseur Li Ying auch ein überzeugendes Porträt des neuen chinesischen Unternehmergeistes und einer Mentalität, die alles Neue dem Althergebrachten vorzieht: Nur allzu gern würden die Chinesen nämlich ihr „nouveau Shangdong“ – mit Hatsues Namen als Gütesiegel – nach Japan exportieren. Doch Hatsue ist ziemlich starrsinnig …
„Aji – Dream Cuisine“ 24.2., 21 Uhr im Arsenal 1
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Judy Garland landet irgendwo hinter dem Regenbogen mitten im Technicolor und macht sich – frei nach dem Motto „The grass is greener on the other side“ – auf die Suche nach dem „Zauberer von Oz“, der sich jedoch als ziemliche Enttäuschung herausstellt. Regisseur Victor Fleming, dessen Geburtstag sich am 23. Februar zum 120. Mal jährt, inszenierte das mitreißende Märchenmusical im Jahr 1939.
„Der Zauberer von Oz“ 26.2. im Filmmuseum Potsdam
LARS PENNING