: Der zögerliche Griff nach Rettung
Landesbanken befürchten Vertrauensverlust durch die Annahme von Staatshilfen
Die öffentlichen Landesbanken können wie alle anderen deutschen Finanzinstitutionen Unterstützung durch den Rettungsfonds beantragen, also neues Eigenkapital, Bürgschaften für Kredite und Übertragung von Risikopapieren. Einen Unterschied gibt es aber bei der Frage, wer für die Kosten aufkommt, die nach Abwicklung des Fonds übrig bleiben: Bei privaten Banken trägt der Bund 65 Prozent der Kosten, die Länder zahlen 35 Prozent, höchstens jedoch 7,7 Milliarden Euro. Für die Lasten aus der Rettung von Landesbanken und deren Zweckgesellschaften zahlen hingegen primär die Bundesländer, und zwar entsprechend ihrer Anteilen an den jeweiligen Instituten. Den Ländern drohen also hohe Belastungen – mit Ausnahme von Berlin, das seine Landesbank bereits in der Vergangenheit saniert und verkauft hat. MKR
DÜSSELDORF taz ■ Vom 500 Milliarden Euro schweren Bankenrettungspaket der Bundesregierung will Siegfried Jaschinski, Vorstandsvorsitzender der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), nichts wissen. Die größte deutsche Landesbank habe „keinen Bedarf“ an frischem Geld, erklärte er letzten Mittwoch.
Der Grund für seinen Wutausbruch: In einer aktuellen Stunde des Landtags hatte Nordrhein-Westfalens CDU-Finanzminister Helmut Linssen öffentlich erklärt, die Stuttgarter Landesbank wolle „offensichtlich als Erste in den Fonds kommen“. Linssen habe keine Ahnung, konterte Jaschinski. Der Christdemokrat, der mit Peer Steinbrück (SPD) über das Rettungspaket verhandelt hatte, sei „falschen Informationen aufgesessen“.
Der Sektor der öffentlich-rechtlichen Sparkassen ist zerstritten. Zwar sind die Zentralinstitute der Sparkassen miteinander verwoben – doch nicht einmal im Umgang mit den Bankenrettungspaket können sich die Landesbanken auf eine gemeinsame Linie einigen. Das zeigt ein Krisentreffen des Vorstands des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV): Welche Landesbanken die Milliardenhilfe des Bundes nutzen, wird „im Einzelfall in Verantwortung des jeweiligen Instituts“ festgelegt, so der Giroverband nach einem Treffen. Die rund fünfzig Vorstände würden bei dem Treffen lediglich „informiert“, hieß es vorab vom DSGV. „Ein gemeinsames Vorgehen ist sehr unwahrscheinlich.“
Von der Finanzkrise weniger getroffene Institute wie die LBBW, die niedersächsische NordLB oder die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) wollen keine Schwäche zeigen. Niedersachsens CDU-Finanzminister Hartmut Möllring sagt: „Ich kann nicht erkennen, warum es für uns reizvoll sein könnte, einen gemeinsamen Rettungsschirm für die Landesbanken zu machen.“
Doch unter diesen möchten angeschlagene Landesbanken wie die BayernLB, die Hamburger HSH Nordbank und wohl auch Linssens nordrhein-westfälische WestLB am liebsten schlüpfen. „Wir sind dafür, dass die Garantien genutzt werden. Wir würden es aber sehr begrüßen, wenn es zu einer gemeinsamen Aktion aller Banken kommt“, sagte ein HSH-Sprecher: Sollten nur einige Landesbanken die Hilfe des Bundes in Anspruch nehmen, stünden sie am Markt als „schwach“ dar, warnen Insider. Kunden könnten dann weiter Vertrauen verlieren.
Dabei haben Institute wie die Düsseldorfer WestLB schon heute kein funktionierendes Geschäftsmodell: Die Funktion als Landeszentralbank verschwand auf Druck der Europäischen Kommission, für die Arbeit als regionaler Wirtschaftsförderer ist die Bank überdimensioniert – den einst als Rettung gepriesenen Ausflug ins Investmentbanking musste die WestLB teuer bezahlen. Gegenüber der taz verwies ein Sprecher auf Bürgschaften in Höhe von 5 Milliarden Euro, mit denen das Land NRW die Bank bereits Anfang des Jahres vor der Pleite bewahren musste: „Dieser Rettungsschirm schützt uns bereits.“ Doch die Düsseldorfer Staatskanzlei sucht bereits nach Partnern für die WestLB. Deren Chef Heinz Hilgert verhandelt mit dem Sparkassen-Fondsdienstleister DekaBank über eine Teilfusion. Der baden-württembergische Sparkassenpräsident Peter Schneider dagegen träumt von einer Expansion der LBBW hin zu einer neuen „Südbank“: Mit der Bayern LB würden die Stuttgarter die SaarLB gleich mit übernehmen – die Münchner halten 75,1 Prozent der Saarländischen Landesbank. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Stuttgarter die von der Pleite bedrohte Sachsen LB übernommen. Für außerbilanzielle Risiken in Höhe von 2,5 Milliarden Euro aber bürgt das Land Sachsen. Selbst die Übernahme von Teilen der WestLB ist für Schneider denkbar – sehr zum Ärger von NRW-Finanzminister Linssen, der Düsseldorf als wichtigen öffentlich-rechtlichen Bankenplatz erhalten möchte.
Konfrontation statt Zusammenarbeit also – verhindern könnte das lediglich die Bundesregierung, ist aus dem Sparkassenverband DSGV zu hören. „Es wäre besser gewesen, die Kreditwirtschaft insgesamt zur Annahme des Rettungspakets zu zwingen.“ Schließlich stritten auch Privatbanken über den richtigen Umgang mit der Milliardenhilfe. Der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Martin Blessing, will die Teilnahme an dem Rettungspaket zumindest prüfen. Für Josef Ackermann, Chef des Platzhirschs Deutsche Bank, steht dagegen schon fest: „Ich würde mich schämen, wenn wir in der Krise Staatsgeld annehmen würden.“
ANDREAS WYPUTTA