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Archiv-Artikel

Folter? Niemals!

betr.: „Folter als Verhörmethode“, taz vom 19. 2. 03

Die Kollegin Monika Goetsch fabuliert im Zusammenhang mit der Entführung des Bankiersohnes Jakob von Metzler, ob nicht Folter vielleicht doch die Ultima Ratio bei der Suche nach dem entführten Jungen gewesen sein könnte … und erklärt alle, die sich grundsätzlich gegen Folter ausprechen, zu Moralisten, die ohnehin gegen alles sind. Und so was in der taz! Jakob von Metzler war schon tot. Die Folter hätte auch nix mehr gebracht. Natürlich wussten das die Kriminalbeamten nicht. Aber macht’s das besser? Folter ist Folter. Wir leben doch nicht in einem mittelalterlichen Zirkustheater! JENS M. LANG, Waiblingen

In der Bundesrepublik ist die Folter nebst ihrer bloßen Androhung insbesondere dank der aus der Zeit des Nationalsozialismus gezogenen Lehren umfänglich verboten. Dem Frankfurter Polizeivizepräsidenten Daschner und seinen angewiesenen Untergebenen war sie deshalb auch unter den Gesichtspunkten der „Nothilfe“ und des „übergesetzlichen Notstandes“ nicht erlaubt.

Der „entschuldigende Notstand“ nach § 35 StGB setzt voraus, die Gefahr „von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abwenden“ zu wollen, was hier erkennbar nicht einschlägig ist. Die Nothilfe als besondere Ausprägung des Notwehrtatbestandes nach § 34 StGB erfordert demgegenüber eine Rechtsgüterabwägung zwischen den Gefahren für Leib und Leben des (tatsächlich und auch von vornherein nicht auszuschließen bereits toten) Entführungsopfers einerseits und den besonderen Schutzrechten des vorläufig festgenommenen Beschuldigten, gegründet auf seinen gerade in diesem besonderen Gewaltverhältnis besonders erstarkten Grundrechtsschutz, denn u. a. dafür wurde er als geschichtliche Errungenschaft in Gestalt von Abwehrrechten des Bürgers gegenüber dem Staat geschaffen. Zu des Beschuldigten Gunsten streitet auch die Unschuldsvermutung bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung, die Bindung sämtlicher staatlichen Gewalt an Recht und Gesetz und nicht zuletzt das berechtigte Vertrauen der Bürger darauf, auf einer deutschen Polizeiwache nicht erlaubter- oder gerechtfertigter- oder entschuldigtermaßen gefoltert oder damit bedroht zu werden.

Einfache Schläge, solche mit dem polizeilichen Schlagstock, dessen sachgemäße Einführung in Körperöffnungen oder Elektroschocks könnten dann als „verhältnismäßig“ eingestuft werden, dauerhafte Versehrungen oder gar den Tod des Beschuldigten herbeizuführen, wäre ein Verstoß gegen das „Übermaßverbot“. Und bei nachträglich erwiesener Unschuld würde das Folteropfer einen Entschädigungsanspruch genießen! Niemals. Und unter keinen Umständen! MICHAEL DEIKE, Berlin

Wenn die Polizei den Aufenthaltsort eines Entführungsopfers herausbekommen möchte, um sein Leben zu retten, ist dann „die Androhung eines Schmerzes“ sittlich erlaubt? Das „mag da durchaus als das kleinere Übel erscheinen“, schreibt Monika Goetsch. Und wenn die Drohung nicht wirkt? Darf die Polizei dann „in einem gut begründeten, menschlich und moralisch nachvollziehbaren Ausnahmefall“ dem Täter auch Schmerzen zufügen? Und wie weit darf sie dabei gehen? Neben dem Artikel von Goetsch stand die Anzeige „Das Klima wird rauer. Die taz hält Kurs“. Hoffentlich! JÜRGEN WANDEL, Berlin