: Mutmaßlicher Terrorist auf gepackten Koffern
Der Chef der radikalmuslimischen Gruppe Ansar al-Islam, Mullah Krekar, wird von Norwegens Regierung ausgewiesen
Ansar al-Islam soll das Verbindungsglied zwischen Saddam Hussein und al-Qaida sein. Das behaupten die USA. Najmuddin Faraj Ahmad alias Mullah Krekar ist der Führer dieser rund 700 Personen starken Gruppe, die das Gebiet von Biara in Irakisch-Kurdistan kontrolliert. Seit 1991 lebt Krekar als politischer Flüchtling in Norwegen. Am Mittwoch hat die Regierung in Oslo seine Ausweisung beschlossen. Laut der Begründung sei allein aufgrund der Vermutung einer Verbindung zwischen Krekars Ansar al-Islam und al-Qaida die Sicherheit Norwegens in Gefahr.
Trotz einer seit September 2002 dauernden Untersuchung, in die auch von den USA zur Verfügung gestelltes Geheimdienstmaterial einging, gelang es dem Ausländer-Direktorat nicht, Beweise für Verbindungen zu finden. Doch, so der Ausweisungsbeschluss, „auch wenn es keinen Beweis gibt, (…) spielt er eine führende Rolle in einer extremen muslimischen Bewegung, die international Grund für sicherheitsmäßige Bedenken gibt“.
Niemand hatte Notiz genommen, als der jetzt 47-jährige Mullah Krekar 1991 als Flüchtling nach Norwegen kam. Der Rest seiner Familie, Frau und vier Kinder, hat die norwegische Staatsangehörigkeit erhalten, Krekar selbst hat diese nie beantragt und ist deshalb nach wie vor irakischer Staatsbürger.
Erst im letzten Jahr begannen sich die Medien mit seiner Person zu beschäftigen, nachdem die niederländische Justiz ihn inhaftiert und vier Monate in Haft gehalten hatte – aufgrund eines Auslieferungsbegehrens von Jordanien. Dieses lautete nicht auf angebliche Terroraktivitäten, sondern auf Drogenschmuggel. Diese Begründung kann damit zusammenhängen, dass es zwischen Jordanien und den Niederlanden kein Auslieferungsabkommen gibt – außer bei Drogendelikten.
Klar ist, dass Krekar seit Beginn der 90er-Jahre persönlich und vor Ort am Aufbau von Ansar al-Islam gearbeitet hat. Eine im norwegischen Fernsehen gesendete Videosequenz zeigt ihn beim Training einer Gruppe von Guerillakämpfern im November 1993. Bilder vom Dezember 1993 zeigen ihn im Zusammenhang mit einem Angriff auf Anhänger von Dschalal al-Talabani (Kurdische Patriotische Union). Ansar al-Islam wird als Gruppe beschrieben, die im iranisch-irakischen Grenzgebiet ein der Taliban vergleichbares Regime führt und Terrorakte gegenüber ethnischen Kurden begangen hat. US-Medien haben von angeblichen Giftgasexperimenten von Krekars Gruppe und engen Verbindungen zu Saddam berichtet.
Norwegische Medien, die über Krekars Hintergrund recherchierten, fanden aber keine näheren Bezüge, als dass „Bagdad und Krekars Ansar al-Islam gemeinsame Feinde im nördlichen Irak haben“, so die Osloer Tageszeitung Aftenposten: „Das Motto ist offenbar: der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Selbst behauptet Krekar, dass Saddam ihn am liebsten tot sehen würde.
Dass Oslo sich mit der Ausweisung offensichtlich vor allem ein potenzielles Sicherheitsproblem vom Hals schaffen will, bezeichnet Petter Eide, Generalsekretär von amnesty international Norwegen, als „verantwortungslos, feige und prinzipienlos“. Einerseits gehe aus den Materialien der Regierung nicht hervor, dass Krekar ein Terrorist sei. Glaube Oslo aber dafür Beweise zu haben, müsse man ihm einen Prozess in Norwegen machen.
REINHARD WOLFF