: Sie sind schon da
Mythen der Großstadt bei den Tanztagen Berlin, die heute in den Sophiensælen eröffnet werden
Wenn man in eine Wohnung zieht, eine alte Wohnung, wo schon viele Menschen vorher gewohnt haben, dann sind sie schon da. Sie sitzen in den Ritzen und den dunklen Ecken und sind nicht totzukriegen, „die Schatten von vorherigen Bewohnern. Unter der Tapete und im Rasen vergraben liegt etwas Vergangenes, das immer wieder heraus gekrochen kommt“, so liest man im Programmheft der Berliner Tanztage über „Lawn“. Das Stück wird heute in den Sophiensælen von der Splinter Group uraufgeführt und handelt von dem eben beschriebenen Mythos der Großstadt, geträumt von einem Mann, dem die Rasenflächen seiner Kindheit erscheinen und dahinter die eigene Vergangenheit, der er nicht entrinnen kann. Außerdem wird bei dem Eröffnungsabend das Stück „Loslassen“ von Florian Bilbao gezeigt, eine Arbeit, die sich auf Becketts Endspiel beruft. In Hans-Werner Klohes „Narziss 04“ wendet das Subjekt sich schließlich ganz sich selber zu, in einem „Wechselspiel zwischen Spiegel und Sich-Spiegelndem“, wie das Programmheft verrät. Klingt irgendwie stark nach Lacan, an den man länger nicht gedacht hat. Man sieht, die Zeit des Spaßes ist nun vorbei, der Ernst der Hochkultur kehrt zurück. Man kann ja schließlich nicht ewig feiern.