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Raus Kreuz mit dem Kopftuchverbot

Bundespräsident löst mit seinen Äußerungen über religiöse Kennzeichen in der Öffentlichkeit viel Kritik aus. Nur die Grünen loben seinen Vorstoß

BERLIN dpa ■ Die Äußerungen von Bundespräsident Johannes Rau zum Kopftuchverbot ernten weiter viel Kritik. Der römische Kurienkardinal Joseph Ratzinger und Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) wandten sich zum Jahreswechsel entschieden dagegen, bei einem Kopftuchverbot zugleich christliche Symbole aus öffentlichen Räumen zu verbannen. Die Grünen verteidigten dagegen den Bundespräsidenten.

Rau hatte in der Diskussion um Kopftuch tragende muslimische Lehrerinnen gesagt, auch Kreuze müssten aus den Schulen entfernt werden, wenn ein Kopftuch für muslimische Lehrerinnen nicht möglich sein sollte. Darauf reagierte Ratzinger beim Jahresabschlussgottesdienst im Regensburger Dom. Er dankte Rau für seine „merkwürdige Belehrung“. Nach Ansicht Ratzingers darf die Religionsausübung nicht auf die Privatsphäre beschränkt werden: „Ich würde keiner muslimischen Frau das Kopftuch verbieten, aber noch weniger lassen wir uns das Kreuz als öffentliches Zeichen einer Kultur der Versöhnung verbieten.“

Müller sagte in seiner Neujahrsansprache, wer bei einem Kopftuchverbot fordere, dass gleichzeitig christliche Symbole aus öffentlichen Räumen verbannt werden, verkenne, „dass gerade auch die Beachtung der Grund- und Menschenrechte Teil des christlichen und humanistischen Erbes Europas sind“. Die Trennungslinie verlaufe nicht zwischen Christentum und Islam, sondern zwischen Toleranz und Fundamentalismus.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, erklärte dagegen gestern: „Rau hat mit seiner Intervention erneut gezeigt, dass er nicht nur der Präsident der Mehrheit, sondern aller in Deutschland lebenden Menschen ist.“

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