vorlauf : Tote, Kickers, Offenbach
„Polizeiruf 110 – Abseitsfalle“ (So., 20.15 Uhr, ARD)
Mal wieder Regen. Wie so oft am Beginn eines (guten) Kriminalfilms. Und mal wieder ein Polizist, den es irgendwie in die Grauzonen der menschlichen Existenz verschlagen hat. Dieser hier heißt René Schlosser und hat gerade eine Frau erschossen. Aus Notwehr eigentlich. Oder weil die Frau es so wollte. Mit dem Schnappverschluss ihres Sturmfeuerzeugs hatte sie das Spanngeräusch einer Pistole imitiert. Da war aber gar keine. Da war nur eine junge Frau, die nicht mehr leben wollte.
So beginnt „Abseitsfalle“, der letzte Fall des Offenbacher „Polizeiruf“-Teams um Hauptkommissarin Simone Dreyer (Barbara Rudnik). Er beginnt mit einer Geschichte, die gar nichts mit dem späteren Mord, mit den Fußballfans und dem Sportinvaliden zu tun hat. Mit einer Geschichte, die aber doch zum Leitmotiv einer über weite Strecken angenehm langsamen Fernseherzählung wird. Alles ist in teilnahmsloses Grau gehüllt. Kühl und distanziert. Und doch ist es die Wärme der Menschen, die immer wieder durch die Bilder lächelt. In der Schlussequenz werden ein Mädchen, das gerade ihren Bruder verloren hat, und der Polizist, der gerade eine Frau erschossen hat, eine Partie Schach spielen. Und als Zuschauer hat man ein Gefühl, dass alles wieder gut werden könnte. Zumindest aber besser.
Dazwischen liegt ein Offenbacher Kickers-Fan im Schwimmbad. Tot und mit dem falschen Schal um den Hals. Der ist vom Lokalrivalen SV Darmstadt 98. Und gibt der Polizei viele Rätsel auf. Schlägereien unter Hooligans? Offene Rechnungen aus dem kriminellen Vorleben des Opfers? Oder ein Gruß aus der sportlichen Vergangenheit? Denn der Tote war einmal ein Talent, stand auf dem Sprung in den Profikader der Kickers.
You never walk alone, weiß der Fanblock zu skandieren. Das trifft auf „Abseitsfalle“ gleich doppelt zu. Da ist der Fan, den die uneingeschränkte Loyalität zu seinem Verein zum schweigenden Mitwisser werden lässt. Und da sind Barbara Rudnik, Dennenesch Zoudé und Dieter Montag als menschelnde ErmittlerInnen, die abends am Mainufer sitzen und den gemeinsamen Fahndungserfolg mit Dosenbier begießen. Freunde, keine Helden.CLEMENS NIEDENTHAL