Der wunderbare „Besserungsschein“

Die Privatisierung des Bremer Rechenzentrums stand vorm Scheitern: „ID Bremen“ setzte einen großen Auftrag in den Sand und machte 2,5 Millionen Euro Verlust. Für die Rettung musste das Land auf 800.000 Euro verzichten – und hofft jetzt auf Besserung

Bremen taz ■ Das Land Bremen hat zu den „Besserungsscheinen“ vom erfolglosen Space-Park-Entwickler Köllmann kurz vor Jahresschluss einen weiteren „Besserungsschein“ erhalten. Solche wohlklingenden Papiere sind immer Hinweise auf ernsthafte Probleme: Das Bremer Sozialressort hat zum Jahresende 2003 auf eine Forderung an die Software-Firma „ID Bremen“ verzichten müssen, damit ID Bremen nicht zahlungsunfähig wird und damit Konkurs anmeldet. In dem „Besserungsschein“ über 800.000 Euro verspricht ID Bremen, das Geld in den drei folgenden Jahren nachzuzahlen – falls es dem Unternehmen dann besser gehen sollte.

Denn im gerade abgelaufenen Jahr hatten sich 2,5 Millionen Euro Miese aufgetürmt. Auf der Homepage www.idbremen.com findet man solche Informationen natürlich nicht, da stellt sich die aus dem alten Bremer Rechenzentrum hervorgegangene „ID Bremen GmbH“ als erfolgreiche Firma vor: „Als Gemeinschaftsunternehmen der T-Systems und der Freien Hansestadt Bremen verfügt die ID Bremen über ein umfassendes Angebot an IT-Lösungen.“ Insbesondere die Software für die Sozialhilfe wird heftig gelobt: „SOLID ist der Nachfolger des bewährten PROSOZ Bremen. Im Rahmen eines Modernisierungsprojektes wurde die Neuentwicklung auf Basis modernster Verfahren begonnen. Die Auftraggeber sind eng in den Entwicklungsprozess eingebunden. Neuste software-ergonomische Erkenntnisse fließen durch die Begleitung der Universität Bremen in die Entwicklung ein.“

Gerade aber bei dieser Neuentwicklung muss es Probleme gegeben haben. Mehr will die Sprecherin von ID Bremen nicht sagen – eine ganze Programmentwicklung hat nicht funktioniert. Da Bremen offenbar schon hohe Anzahlungen für die neue Software geleistet hatte, entstanden Rückforderungen des Sozialressorts, auf die das Land nun verzichten muss. Denn Anfang Dezember drohte die Insolvenz – wenn die Gesellschafter nicht eingegriffen hätten. Zum Glück für Bremen hatte die „T-Systems International GmbH“ sich vor zwei Jahren an dem Bremer Unternehmen beteiligt, zwar nur mit 49,9 Prozent, aber mit der vertraglich abgesicherten unternehmerischen Führung. Somit liegt die unternehmerische Verantwortung im Bereich des privaten Partners T-Systems.

Im Falle der Insolvenz wäre Bremen nicht nur als Gesellschafter betroffen gewesen. Die alten Mitarbeiter aus den Zeiten des „Rechenzentrums“ haben sich beim Übergang in die private Gesellschaft ihr Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst verbriefen lassen. Im Extremfall hätte Bremen nach einer Insolvenz von ID Bremen also gut 100 IT-Spezialisten wieder gehabt, aber kein Rechenzentrum und kein Software-Aufträge für Sozialhilfe-Programme mehr.

Am Ende der Verhandlungen, die im Dezember unter großem Zeitdruck stattfinden mussten, hat nun T-Systems den größeren Teil des Defizits von ID Bremen übernehmen müssen und hatte einen „Ertragszuschuss“ in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro zu leisten. Im kommenden Frühjahr soll ein Unternehmenskonzept vorgelegt werden, in dem die Möglichkeiten einer Fortführung von ID Bremen dargestellt werden sollen. Wenn die Fortführung kurzfristig zu Gewinnen führt, muss der Bremer „Besserungsschein“ abgegolten werden. Wenn das Unternehmen, dessen Führung bei T-Systems liegt, aber erst ab 2007 wieder Gewinne abwirft, bekommt T-Systems als Gesellschafter die Hälfte. kawe