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Archiv-Artikel

kopenhagens anarchistischer freistaat christiania Das Opfer des Haschverkäufers

Die Dealer von Christiania haben ihre Haschisch-Verkaufsstände zerstört. Jetzt werden sich die Dänen schwer davon überzeugen lassen, dass die autonome Zone unbedingt wegmuss.

Am Montag waren die letzten Reste zusammengefegt. Von der Pusherstreet in Kopenhagens Freistaat Christiania ist nichts mehr übrig. Bis auf einen besonders farbenprächtigen Verkaufsstand, den sich Dänemarks Nationalmuseum bereits im Sommer gesichert hatte. Dass die Cannabishändler ihre Stände am Sonntag selber zu Kleinholz machten, erklärte Sprecher Jon damit, „dass die Regierung mit ihren Sturmtruppen bereitstand“.

Die Feinde Christianias haben plötzlich ein Riesenproblem. Die Achillesferse des Freistaats ist verschwunden. Der Schachzug der Pusherstreet-Händler dürfte reelle Chancen haben, die gewünschte Wirkung zu entfalten. Selbst ein Scharfmacher wie Peter Skaarup von der rechtsextremen „Dänischen Volkspartei“ sprach von einem „Wendepunkt in der Geschichte Christianias“. Die Pusherstreet war das Hauptargument der Regierung dafür, Christiania den Garaus machen zu wollen. Verzieht sich der Haschischhandel, bleiben von den Gründen für die angedrohte „Legalisierung“ nur noch einige Verstöße gegen Baunormen übrig. Juristisch schwierig für die Regierung, nachdem man die weitherzige Auslegung der Bauvorschriften durch die ChristianiterInnen einige Jahrzehnte geduldet hat. Aber auch der Öffentlichkeit ist nun ein massives Vorgehen gegen den Bestand des Freistaats kaum noch zu verkaufen. Zumal das eigentliche Ziel der Zerstörung Christianas enthüllt wurde: Luxuswohnungen für Gutbetuchte hochzuziehen.

Christiania hat mit dem Opfer des offenen Haschhandels wieder einmal seine Fähigkeit bewiesen, sich selbst aus dem Schlamm ziehen zu können. Vergleichbar der Junkieblockade vor 15 Jahren. Als es mit eigener Kraft gelang, was der Polizei missglückte. Man die Dealer vertrieb, die mit harten Drogen die Idylle zu zerstören drohten. Der 32-jährige Freistaat und seine Selbstverwaltung funktionieren immer dann am besten, wenn sie auch von den meisten seiner Sympathisanten für tot erklärt werden. Die Polizei dürfte sich im Übrigen bald nach der Pusherstreet sehnen. Die mobilen Haschhändler werden viel schwerer zu überwachen sein als der stationäre Handel.

REINHARD WOLFF