Wochenübersicht: Kunst : Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Das himmelblaue „Berliner Blau“, von dem der Ausstellungstitel „Berlinskaja Lazur – Junge Fotokunst aus Berlin“ spricht, zeigt sich nur selten in einer der Arbeiten der zehn Künstler und Künstlerinnen, die derzeit im Martin-Gropius-Bau zu sehen sind. Meist hüllt sich der Himmel über Berlin einfach in ein diffuses Licht. Diffus, unbestimmt, vage ist auch das Bild von Berlin, das die Ausstellung vermittelt, die im Rahmen der Deutsch-Russischen Kulturbegegnungen 2003/2004 im März nach Moskau, ins dortige Haus der Fotografie, reisen wird.
Dieses diffuse Bild muss kein Manko sein. Die städtischen Clubs im banalen Tageslicht von Nina Fischer und Maroan El Sani, der mit imaginierten Bauten erweiterte Alexanderplatz von Albrecht Schäfer, der Kreuzberger Kiez von Andreas Koch, die Ornamentik der Nachkriegsarchitektur von Heidi Specker oder die alltäglichen Momente aus dem Tagesablauf von Maria Sewcz zeigen nun einmal nur Facetten einer Großstadtszenerie, die sich nicht zwangsläufig zu einem makellosen Puzzle zusammenfügen müssen.
Stadtmarketing war nicht intendiert, als Alexander Tolnay und Kathrin Becker vom Neuen Berliner Kunstverein die Ausstellung kuratierten, zu der sie ausschließlich Teilnehmer des verdienstvollen Stipendienprogramms der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur einluden. Dennoch, ein offenbar von allen geteilter Wunsch zur Desillusionierung ist zu beobachten. Die Werbung, die Menschen, der Verkehr werden oft ausradiert in den Fotos, das Leben stillgestellt, die Farben sind blass. Nur Petra Karadimas mit ihrer kräftigen, malerisch angelegten Farbigkeit und Christoph Kellers bunte Panoramafriese weichen hier ab. Die Stoßrichtung geht deutlich gegen den Mythos Berlin. Also kein Grund für Himmelblau.