: Rechte marschieren für Musik
Am kommenden Samstag wollen Neonazis in Lichtenberg gegen die Verurteilungder Nazirockband „Landser“ protestieren. Damit ist die rechte Demosaison eröffnet
Die rechtsextreme Demosaison startet in diesem Jahr früher als erwartet. Am Samstag wollen Neonazis in Lichtenberg gegen die Verurteilung der rechtsextremen Band „Landser“ als kriminelle Vereinigung demonstrieren. Wie die Polizei bestätigte, hat der Hamburger Neonazianführer Christian Worch den Aufmarsch unter dem Motto „Musik ist nicht kriminell“ angemeldet.
Derzeit werde noch über die Route verhandelt, heißt es bei der Polizei. Worch und Co. werben auf mehreren einschlägigen Websites mit einem Demoauftakt um 12 Uhr am S-Bahnhof Lichtenberg. Bei der Polizei will man sich erst am Donnerstag zu näheren Einzelheiten äußern.
Drei Mitglieder der Berliner Neonaziband Landser waren am 22. Dezember zu Haft und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Der als „Rädelsführer“ verurteilte Sänger der Band, Michael R. (38) alias „Luni“, wird seitdem in der extremen Rechten als Märtyrer gefeiert und hat Revision gegen das Urteil angekündigt.
Michael R., der zu drei Jahren Haft verurteilt wurde und als Einziger zu den Vorwürfen keine Aussagen gemacht hatte, gilt als führendes Mitglied der Berliner Neonazirocker „Vandalen“, die seit Jahren eng mit den Freien Kameradschaften der Stadt zusammenarbeiten. Zuletzt hatten die Freien Kameradschaften Anfang Dezember rund 200 vor allem jugendliche Anhänger zu einer Demonstration durch Neukölln und Treptow mobilisieren können. Anschließend kritisierten unabhängige Beobachter das massive Vorgehen von 1.000 Polizisten gegen antifaschistische Gegendemonstranten. Alle Kritik an der „Berliner Linie“ – Proteste gegen Neonaziaufmärsche durch ein großes Polizeiaufgebot vor Ort unmöglich zu machen – blieb bislang wirkungslos.
Experten rechnen nach der Demonstration in Lichtenberg mit weiteren rechtsextremen Aktivitäten zum Monatsende. In den vergangenen Jahren war es insbesondere am Todestag des nationalsozialistischen Märtyrers Horst Wessel zu Aktivitäten von Berliner Kameradschaften gekommen. Am 31. Januar wird sich die Berliner Neonaziszene dann auf den Weg nach Hamburg machen, um dort gemeinsam mit der extremen Rechten aus dem gesamten Bundesgebiet gegen die letzte Station der Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ des Hamburger Insituts für Sozialforschung zu demonstrieren.
Am 1. Mai dagegen rechnen Beobachter mit einem der größeten rechtsextremen Aufmärsche seit Jahren in Berlin. Denn erstmals seit längerem mobilisieren die rivalisierenden NPD und Freie Kameradschaften wieder gemeinsam zu einer zentralen Demonstration. Als Anmelder tritt das NPD-Bundesvorstandsmitglied Holger Apfel auf, als Auftaktort haben sich die Rechten den Ostbahnhof ausgesucht.
Schon im vergangenen Jahr war es der NPD gelungen, rund 1.200 Anhänger zur Demonstration in Charlottenburg zu mobilisieren. Gleichzeitig hatten die Freien Kameradschaften rund 1.000 Anhänger in Halle mobilisiert. Experten gehen daher für den diesjährigen 1.-Mai-Aufmarsch, bei dem die Neonazis die Themenfelder Globalisierung und Sozialabbau von rechts besetzen wollen, von rund 2.000 Teilnehmern aus.
Nach Angaben der Innenverwaltung gab es im Jahr 2003 insgesamt 15 Demonstrationen und Kundgebungen mit eindeutig rechtsextremem Hintergrund.
HEIKE KLEFFNER