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Archiv-Artikel

Sohn verdurstete: „lebenslänglich“

Berliner Landgericht verurteilt Mutter wegen Mord an ihrem Jungen. Sie hatte das zweijährige Kind tagelang allein in der Wohnung in Wilmersdorf zurückgelassen

Das Berliner Landgericht hat gestern eine junge Mutter wegen grausamen Mordes an ihrem zweijährigen Sohn zu lebenslanger Haft verurteilt. Die 22-Jährige habe dem Kind schwerste Qualen bereitet, sagte Richter Ralph Ehestädt. Die allein erziehende Frau hatte den kleinen Jungen im November 2001 allein in ihrer Wohnung in Wilmersdorf zurückgelassen. Das Gericht sprach von einem „ganz schrecklichen Todeskampf durch Verdursten“.

Die Angeklagte hörte der Urteilsbegründung reglos zu. Nach Überzeugung der Strafkammer hasste sie ihren Sohn Alisan nicht. Gehasst habe sie vielmehr ihre damaliges Leben: Die frühere Gelegenheitsprostituierte wollte „Fesseln ablegen“, sagte Ehestädt, „sie wollte Spaß, Partys, Männer und Drogen“.

Das Kind wurde Ende 2001 in Bergen von Müll gefunden. 250 voll gemachte Windeln lagen herum. Der Junge war mit Kot beschmiert. Drei bis vier Tage sei er ohne Nahrung, ohne Wasser und ohne Licht in einem Zimmer eingesperrt gewesen, schilderte Ehestädt die Qual. Es sei schrecklich und unvorstellbar, dass ein Kind in einer Stadt wie Berlin verdurste – „mitten unter uns“.

Es war nicht mehr festzustellen, an welchem Tag die Mutter einfach die Tür hinter sich zugemacht hat. Der Vorwurf des Richters: Sie wusste, dass ihr Kind sterben würde.

Eine gefühllose und unbarmherzige Gesinnung sah das Gericht auch in ihrem späteren Verhalten. Die Frau sei einmal zurückgekehrt, um sich einen Mantel zu holen. Dabei habe sie gewusst, „hier liegt mein totes Kind“.

Verteidiger Gerd Jungfer hatte versucht, den Mordvorwurf zu entkräften. Er plädierte auf Totschlag und forderte eine Strafe im Rahmen von zehn Jahren. Die junge Frau sei aufgrund von Depressionen und dem Einfluss von Drogen vermindert schuldfähig gewesen, argumentierte er. Das Gericht folgte ihm nicht.

Zu Prozessbeginn vor fünf Monaten hatte die 22-Jährige gesagt, sie habe ihren Sohn geliebt und sich sehr schlecht gefühlt. Bei ihrer Aussage hatte sie kaum Gefühle gezeigt. Sie könne das nicht, erklärte Verteidiger Jungfer. Aber sie träume oft von Alisan. In diesen Träumen frage das Kind: „Mama, warum hast du mich verlassen? Ich dachte, du hast mich lieb.“ DPA